Medienkompetenz

Was ist Datenernährung?

Alles, was wir den ganzen Tag auf unserem Handis, Tablets und Laptops an Inhalten konsumieren, sind Daten. Ob Bilder, Tabellen, Texte, Musik, PDF Dateien oder Videos – sämtliche Inhalte bestehen aus Daten (Nullen und Einsen), die mit beinahe Lichtgeschwindigkeit durch die Wolken und Glasfasernetze reisen.

Täglich verbringen wir ungefähr eine Stunde pro Tag mit Essen und Trinken und jedes Kind lernt schon sehr früh über die vielen Vorteile einer ausgewogenen und gesunden Ernährung. Die Schweizer Lebensmittelpyramide (siehe Abbildung) wird in jeder Primarschule gelernt und Kinder diskutieren darüber, warum zu viel Schokolade nicht gesund ist.

Quelle: Schweizerische Gesellschaft für Ernährung

Während die tägliche Essenszeit tendenziell abnimmt, hat unser Medienkonsum dank Internet und Smartphone enorm zugenommen. Je nach Alter und Wochentag verbringen wir im Durchschnitt etwa drei bis acht Stunden täglich mit dem Konsum von digitalen Medien. Konkret heisst das, dass wir uns täglich etwa mit drei bis acht Mal mehr Daten ernähren als mit Essen und Trinken.

Die Datenernährung ist folglich die Lehre des gesunden, bewussten und ausgewogenen Umgangs und Konsum von digitalen Medien. Anstatt theoretische Medienkompetenz werden niederschwellige Parallelen zur Ernährung gemacht. Genauso wie zu viel Süssgetränke schädlich sind, sind auch stundenlanges gamen oder endlose Netflix Abende schlecht für die Gesundheit. Wie Gemüse und frische Früchte unserem Körper Energie geben, so vermitteln qualitativ hochwertige Internet Artikel oder YouTube Lernvideos Kompetenzen und Wissen. Wie bei der Ernährung ist auch bei der Datenernährung eine ausgeglichene und bewusste Ernährung das oberste Ziel.

Eine gesunde Ernährung führt zu einem gesunden und fitten Körper. Ein gesunder und bewusster Medienkonsum wiederum führt zu Wissen und Intelligenz, die sich zu Weisheit als ultimatives Lebensziel umwandeln.

Beobachten sie sich regelmässig und probieren sie, den soeben konsumierten Inhalt in eine Kategorie der Datenernährungs-Pyramide zuzuordnen. Haben sie den Inhalt bewusst gesucht oder zufällig gefunden? Dient der Inhalt vorwiegend der Unterhaltung oder möchten sie etwas Konkretes dazulernen? Steht ihre tägliche Portion von «Jux» Inhalten in einem vernünftigen Verhältnis mit dem Medienkonsum für «Wissen»?  Nutzen sie die Datenernährungs-Pyramide als Ausgangspunkt für ihre Selbstreflektion zu einem gesunden Medienkonsum. Viel besser noch, diskutieren sie mir ihren Kindern darüber und probieren sie, Inhalte wie Fortnite, TikTok oder YouTube Videos von Kindern, die Kindern etwas erklären, in die Kategorien einzuordnen.  

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Digitales Zeitalter der Beleidigungen

Von Trump bis Greta: Warum wir mit unseren Kindern über Onlineethik sprechen sollten.

Es hat etwas Surreales an sich. Während Schulleiter, Sozialpädagogen und Fachpersonen für Medienkompetenz mehr denn je über die Gefahren und teils fatalen Folgen von Sexting, Cybermobbing und unüberlegtem Nutzen von digitalen Medien unterrichten, beleidigen und demütigen sich die mächtigsten Männer der Welt via soziale Medien vor den Augen der Weltöffentlichkeit.

Gegen die rüpelhaften und respektlosen Tweets des amtierenden Präsidenten der USA, scheint sich die Welt leider bereits abgestumpft zu haben. Ein Zeichen davon ist die steigende Zahl anderer hochrangiger Politiker, die im Kielwasser seines schlechten Geschmacks Beleidigungen tweeten, die mich sprachlos machen und leer schlucken lassen. So bringt es Herr Bolsonaro, seines Zeichens brasilianischer Präsident, tatsächlich fertig, Herrn Emmanuel Macron via Twitter über das Aussehen seiner Frau zu beleidigen und gleichzeitig über seine jüngere First Lady zu prahlen.

Und als ob dies nicht genug des flegelhaften Benehmens wäre, gibt sich Herr Bolsonaro beleidigt vom kolonialistischen Gehabe des französischen Präsidenten und erwartet von diesem eine Entschuldigung, bevor er bereit ist, internationale Hilfe zur Löschung von Waldbränden im Amazonasgebiet anzunehmen. Ja, natürlich ist dies zumindest die Erzählung, die wir von den Mainstream-Medien erhalten.

Die Pest der glorifizierten Selbstdarstellung

Scheinbar gerechtfertigt vom rasant dahinschmelzenden Anstand und Respekt dieser Herren brachte es der Fox-News-Reporter Michael Knowles tatsächlich fertig, Greta Thunberg vor laufender Kamera als «mentally ill Swedish child» abzukanzeln.

Ich habe immer mehr das Gefühl, dass wir als Gesellschaft die Macht und die genialen Vorteile der digitalen Medien nicht verstanden haben. Anstatt als Kollektiv das direkte, weltumspannende Netz der Kommunikation zu nutzen, um uns weiterzuentwickeln und unser Wissen zu teilen, scheint die Pest der glorifizierten Selbstdarstellung und der Echtzeit-Beleidigungen Überhand zu nehmen. Getrieben durch clevere Algorithmen, die unser basales Bedürfnis nach Anerkennung schamlos ausnützen und uns auf der Jagd nach Likes Anstand abwerfen lassen, wird das Netz zunehmend zum Zeugnis eines beschämenden Verhaltens unserer Spezies. Um Shares, Views und Likes zu generieren, müssen wir immer schriller und lauter schreien, damit wir im infernalen Lärm des Netzes überhaupt wahrgenommen werden. Da das Geschäftsmodell der sozialen Medien darauf beruht, den von uns selbst produzierten, beworbenen und vertriebenen Inhalt zu monetarisieren, geht die Rechnung auf, zumindest für Facebook & Co.

Unser aller Kollateralschaden

Den kollateralen Schaden, den wir individuell wie auch als Gesellschaft davontragen, zeichnet sich zunehmend in Form von Depression, Überreizung, Stress und Vereinsamung ab. Wir scheinen nach wie vor nicht verstehen zu wollen, dass das Internet vor allem als ein Verstärker und Beschleuniger funktioniert, der unser Hier und Jetzt auf radikale Art aushebelt. Der Schutz des Hier (im Hinterhof der Schule) und Jetzt (was ich sage, ist flüchtig und verstummt sofort) ermöglichte ein respektloses Verhalten mit begrenzten Folgen und Risiken, zumindest für den Täter. Durch die immer bereite Handykamera wird alles gefilmt, hochgeladen, geteilt und auf unbestimmte Zeit gespeichert.

Was wir brauchen, sind kritische Gespräche zur Onlineethik. Eltern-Kinder-Gespräche über die Nutzung von digitalen Medien. Greta ist ein Vorbild und die Hoffnung unserer Kinder. Und eine wunderbare Einladung, gegenseitig bereichernde Gespräche über Werte, (mediale) Inszenierung und Wahrnehmung zu diskutieren. Während wir Eltern unbedingt den Kindern zuhören und von ihrem cleveren technischen Verständnis profitieren sollten, können Jugendliche von uns das Abschätzen von Risiken sowie das kritische Hinterfragen und Durchdenken von Konsequenzen lernen – allesamt Fähigkeiten, die ein gewisses Alter voraussetzen. Es sei denn, wir heissen Trump oder Bolsonaro.

Dieser Artikel ist erstmals im Tages-Anzeiger vom 10. Oktober 2019 erschienen. https://blog.tagesanzeiger.ch/mamablog/index.php/84803/digitales-zeitalter-der-beleidigungen/

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Bildschirmzeit ist nicht gleich Bildschirmzeit

Um die Kontrolle von übermässigem Medienkonsum zurückzugewinnen macht es Sinn, die tägliche Bildschirmzeit zu messen. Dies kann mit dem Programm «Bildschirmzeit» auf iPhones oder z.B. mit der App Quality Time für Android Smartphones gemacht werden. Diese Programme zeichnen wie ein Protokollführer jede aktive Handyminute auf und erstellen einfach einsehbare Nutzerstatistiken.

Obwohl die tägliche Bildschirmzeit einiges über unsere digitale Gesundheit aussagt, ist es gerade bei der Erziehung von Kindern wichtig, nicht nur auf die vereinbarte Zeit fixiert zu sein. Hier einige Fragen, die sie sich und ihren Kindern stellen können, um die rein quantitative Zeitmessung mit qualitativen und erzieherisch wichtigen Elementen zu bereichern.

Ist es interaktive Bildschirmzeit?

Wir vergessen zu schnell, dass die Generation vor der Erfindung von Smartphones stundenlang und absolut passiv vor dem Fernseher sass. Interaktive Bildschirmzeit, ob es sich jetzt um Chats, Games oder Recherchen handelt, können generell als qualitativ bessere Bildschirmzeit eingestuft werden. Wir müssen selbst etwas dazu beitragen und andauernd Entscheide treffen. Das heisst die Zeit, die ihr Kind am gamen verbringt, ist wertvoller als die gleiche Zeit, die es auf Youtube verbringt, um anderen Gamern beim gamen zuzuschauen.

Was hat der Inhalt für Werte?

Generell rate ich, die empfohlenen Mindestalter sowohl bei «sozialen Medien» (Instagram ab 13 Jahren) als auch bei Games (Fortnite ab 12 Jahren) einzuhalten und durchzusetzen. Falls sie ihre Kinder auch im jüngeren Alter Medien nutzen lassen, diskutieren sie über die Werte des Inhaltes. Vergewissern sie sich, dass rassistische, gewaltverherrlichende oder sexistische Inhalte absolutes Tabu sind, sowohl beim gamen als auch beim Chatten. Erklären sie ihrem Kind auch, dass sie als Mutter oder Vater die Verantwortung tragen und sie deshalb das Recht haben, jederzeit auf Instagram oder WhatsApp vorbeizuschauen um sämtliche Chats einzusehen, solange ihr Kind unter dem Mindestalter die App oder das Game benutzt.

Geistige Nahrung?

Digitale Medien werden immer mehr zur Hauptquelle überhaupt von unserem Wissen. Es ist daher wichtig, genauer hinzuschauen und zu unterscheiden. Recherchen sowohl auf Wikipedia als auch auf Youtube zählen grundsätzlich als Hausaufgaben. Jedes Programm, das die Kreativität der Kinder fördert (Zeichnen, programmieren, Musik komponieren, virtuelle Welten entwerfen usw.) ist wertvolle Zeit und fördert die Entwicklung ihres Kindes. Auch logisches Denken (Quizz Apps, Programmieren) und soziale Kompetenzen (verantwortungsvoller Umgang im Chat) sind Fähigkeiten, die ihr Kind während der Bildschirmzeit weiterentwickelt.

Körperliche Nahrung?

Grundsätzlich leidet die Körperhaltung bei zu langem Starren auf dem Bildschirm. Anders so bei gewissen Virtual Reality (VR) Games wo man schon mal zum Schwitzen kommt. Dank VR Brille entstehen beim Spiel Beat Saber virtuelle Laserstäbe mit denen der Spieler 3D Würfel zerschneiden muss und gleichzeitig Hindernissen ausweichen muss.  So wird aus dem altbekannten Fruit Ninja, wo der Zeigfinger auf dem Handy noch als Schwert diente, eine Geschicklichkeitsübung für den ganzen Körper.

Besprechen Sie mir ihren Kindern die verschiedenen Inhalte und erstellen sie eine individuelle Liste von verschiedenen Bildschirmzeiten für Hausaufgaben, Recherchen, Spielen alleine, Spielen mit Freunden, Filme schauen, «Joker» etc. Erklären sie dem Kind die Gründe der Regeln und passen diese regelmässig an.

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Projekt „Fortnite – Spass ja, Sucht nein!“ trifft den Nerv der Zeit

Gemäss einer neuen Umfrage von EU-Kids Schweiz 2019 triff Das Angebot Fortnite : Spass ja, Sucht nein! den Nerv der Zeit. Im Zusammenhang mit Medienerziehung sind die drei grössten Wünsche der Lehrpersonen sinnvolle Apps für den Schulalltag (73%), Hilfe gegen übermässige Mediennutzung (61%) sowie Unterstützung gegen Cybermobbing (60%).

Die cloud-basierte und automatisch aktualisierte Spielzeit Statistik von Projektteilnehmer kann durchaus als sinnvolle App für den Schulalltag betrachtet werden. Die Messdaten eliminieren eine grosse Grauzone (Mediennutzungs Regeln und deren Interpretation und Einhaltung) und zielen direkt auf eine Mässigung der Mediennutzung.

Ohne die Komplexität einer ausgeglichenen Medienerziehung auf die Spielzeit zu reduzieren, dienen die automatisch aktualisierten Spielstatistiken als konkreter Ansatzpunkt um übermässiges gamen zu verhindern. Während die Kinder eine konstruktive Gruppendynamik entwickeln, werden die Eltern durch individuelles Coaching in ihrer Medienerziehungsrolle unterstützt.

Das Angebot kann ab sofort gebucht werden. Bei Fragen stehe ich gerne zur Verfügung. Beat (at) richert.com oder 079 880 89 28.

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fortnite spass ja, sucht nein

FORTNITE Pilotprojekt : Spass ja, Sucht nein!

Obwohl der Fortnite Hype sich abzuschwächen scheint, ist es nach wie vor das mit Abstand beliebteste Videospiel der Schweizer Jugend. Dies stellt sowohl Eltern als auch Lehrpersonen und Schulleitungen vor enorme Herausforderungen. Um vom gamen übermüdete, abgelenkte oder agressive Kinder zu unterstützen, haben wir dieses innovative Pilotprojekt entwickelt.

Dank täglich zusammengefassten und mit allen Teilnehmenden zugänglichen Spielzeit-Statistiken wird eine Grauzone zwischen Eltern, Kindern und Schule eliminiert.

Das Pilotprojekt richtet sich an Primar- und Sekundarschulen sowie proaktive Elternräte und ist in drei Etappen aufgeteilt:

1. FORTNITE Workshop

In einer Doppellektion werden mit den Kindern Chancen und Risiken von Fortnite besprochen. Am Ende der Diskussion wird eine für alle verbindliche, täglich maximale Spielzeit ausgehandelt und vertraglich festgelegt.

2. Vertrag unter den Kindern

Die ausgehandelte tägliche Gamezeit wird im Vertrag von allen Kindern unterschrieben. Um die solidarische Verantwortung zu stärken, werden sowohl die individuellen Spielzeiten der Kinder als auch die kumulative Spielzeit der Teilnehmergruppe gemessen und in interaktiven Grafiken mit allen Teilnehmer der Gruppe geteilt.

Beispiel von individuellen Spielminuten pro Tag:

Beispiel einer Grafik mit kumulativen Spielminuten:

3. Kontrolle und Unterstützung

Die transparente und automatische Messung von Spielverhalten eliminiert Grauzonen, falsche Informationen und Annahmen. Vereinbarte Belohnungen oder drohende Bestrafungen spornen die Kinder auf spielerische Weise an, die vereinbarten Regeln im Kollektiv einzuhalten. Während Schulleitungen durch dieses Pilotprojekt die Erziehungsverantwortung klären können, stehen Eltern Coaching Einheiten zur Verfügung.

Das Pilotprojekt kann ab sofort angefordert werden und kann auch während den Sommerferien aktiviert bleiben, um eventuelle Eltern-Kind Verhandlungen (mein Kollege darf viel mehr spielen als ich…) zu vereinfachen.

Mehr dazu unter www.SpassJaSuchtNein.com

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So kauft man eine Banane im Zürcher Hauptbahnhof

Sie sind mit ihrem Nachwuchs unterwegs und möchten noch kurz eine Banane als Znüni kaufen, bevor’s ab in den Zug geht? Nichts leichter als das. Sie haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

Plan 1:

Sie machen es modern und elektronisch. Dazu müssen sie ein Handy mit genügend Akku und einen funktionierendem Internet Anschluss haben. So können sie die App «avec» von Valora runterladen und installieren. Um diese zu aktivieren, müssen sie ihren kompletten Namen, ihr Geburtsdatum, einen Ausweis mit Foto, Ausweisnummer und Ablaufdatum sowie ihre Nationalität hinterlegen. Desweitern natürlich ihre Kreditkarten Nummer, ihre Telefon Nummer wie auch E-Mail-Adresse. Ist dies Mal gemacht, müssen sie auch die Nutzungsbedingungen und die damit verbundene Datenschutzerklärung akzeptieren. So geben sie der Valora Schweiz AG zum Beispiel das Recht, die Kamera ihres Handys zu benutzen, ihren USB Speicher zu lesen, durch Netzwerk Verbindungsdaten ihren genauen Standort zu berechnen und ihrem Handy den Schlaf(modus) zu entziehen. Ihre persönlichen Daten können dann z.B. für Aufklärungen von Straftaten genutzt werden. Falls sie zum Beispiel überdurchschnittlich lange vor dem Tabakregal stehenbleiben, ohne zu kaufen, könnten die mit Gesichtserkennungs-Software ausgestatteten Überwachungskameras und die Bewegungssensoren dies als «verdächtig» einstufen. Könnte ja sein, dass sie entweder noch nie Zigaretten gekauft haben oder dass der Gesichtserkennungsalgorithmus sie als Minderjährig einstuft. Die Videoaufnahmen von ihrem Besuch werden dann solange gespeichert, wie es die Valora erforderlich erachtet. Valora will explizit nicht nur Straftaten aufklären, sondern diese auch proaktiv verhindern, genauso wie Tom Cruise als Precrime Detektiv im Film Minority Report.

Da sie die App entweder durch den Apple oder Google Store runtergeladen haben, sind auch Ortungs- und Identifikationsdaten von Ihnen (IP Adresse, Geräte- und Telefon Nummer etc.) mit Google und Apple geteilt worden. Somit wissen auch die amerikanischen Behörden was grad so läuft. Da kann aber Valora nichts dafür. Für «andere berechtigte Interessen» jedoch kann Valora ihre Daten auch mit ihren Tochterunternehmen teilen. So können ihre Daten durchaus mit den über 350 Back Werk Bäckereien in Deutschland, mit den Brezelkönig Läden, den Café Spettacolo und vielen anderen Valora Mitgliedern geteilt werden, denn Verkaufsförderung durch Datenanalyse kann durchaus als «berechtigtes Interesse» der Valora interpretiert werden. Die Daten werden übrigens in der Schweiz bearbeitet und dann in Cloud Servern in Deutschland und in Irland gespeichert. Falls mit diesen Rechenzentren keine für die Schweiz verbindlichen Vertragsklauseln bestehen, verlässt man sich gutgläubig auf eine «Selbstzertifizierung» dieser Unternehmen. Sollte Valora selbst mal aufgekauft werden, z.B. von Amazon oder Walmart, dann darf der neue Besitzer natürlich auch wissen, wie viele Bananen sie gekauft haben.

Also, alles akzeptiert und aktiviert. Jetzt können sie die «avec Box», d.h. den unbedienten Containerladen, betreten, indem sie einen QR Code scannen und der Box sagen, wer sie sind und dass sie genügend Geld haben, um eine Banane zu kaufen. Schnappen sie sich die Banane, wägen sie diese, und scannen sie den richtigen Code ein. Sollte es Probleme beim Scannen geben, können sie einfach die App Hotline anrufen. Es kann auch sein, dass ihr Handy Akku mittlerweile den Geist aufgegeben hat. Vergewissern sie sich in diesem Fall, dass ihr virtueller Einkaufskorb leer ist, und verlassen sie den Laden diskret, natürlich ohne Banane. Bei erfolglosem Bananenkauf auf keinen Fall den Notfall-Knopf drücken, denn dies müsste ihnen mit Umtriebskosten von Fr. 150 belastet werden.

 

Plan 2:

Griff in den Hosensack und Barbezahlung der Banane mit einem Einfränkler bei einem Gemüseverkäufer.

Foto Quelle: www.Fotoristretto.ch 

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Mein Kind, darum sollst du nicht Fortnite spielen!

Als längst fälliger Ausgleich zu meiner Hacklist, in der ich Fortnite spielende Jugendlichen half, mit den Eltern zu verhandeln, hier nun eine Argumentationsliste für uns Eltern, um der grassierenden Fortnite Epidemie entgegenzuwirken. Gleiche Spielregeln: die Argumente können beliebig kombiniert werden und selbstverständlich altersgerecht kommuniziert werden.

  1. Gewaltverherrlichung

Im Zeitalter von abscheulichen Massenmorden mit Maschinengewehren und gleichzeitiger Helmkameras für eine Live-Übertragung auf Facebook ist jegliche Gewaltverherrlichung in der Erziehung schlicht fehl am Platz. Obwohl das Spiel bewusst aussieht wie ein Action-geladener Comicfilm, handelt es sich in erster Linie um ein Shooter Game, bei dem die Spieler töten müssen, um nicht getötet zu werden. Erklären sie ihrem Kind, warum töten weder im Spiel noch im richtigen Leben gut ist und warum das Resultat einer Gewalttat nie konstruktiv sein kann.

 

  1. Suchtgefahr

Jedes hochklassige «gratis» Videospiel verzehrt zig Millionen Franken an Entwicklungs- und Marketingkosten. Damit diese Investitionen gedeckt werden können, setzten die Spielentwickler sämtliche Tricks ein, um das Geld schnellstmöglich wieder reinzuspielen. Die Spieler mit verschiedenen Modi, Belohnungen, Special Effects und vielen kaufbaren Skins abhängig zu machen, ist somit integraler Bestandteil der Strategie des Spielentwicklers. Fragen Sie ihr Kind, was das Spiel so cool macht und spielen sie selbst mal mit, um die süchtig machenden Elemente zu erkennen und danach zu besprechen.

 

  1. Aggressivität

Es geht um Leben oder Tod. Von anfänglich 99 Schützen überlebt nur einer. «Dienstverweigerung» oder cleveres Verstecken und abwarten bis alle Mitspieler tot sind, ist nicht möglich, da sich die Kampfzone mit zunehmender Spieldauer automatisch verkleinert. Mit virtueller Todesangst steigt Stress und mit Stress steigt Aggressivität. Diese Aggressivität überlebt regelmässig die Spieldauer und wird dann häufig unkontrolliert am Tisch, Bett oder schlimmstenfalls sogar an Geschwistern abgebaut. Erklären sie dem Kind, dass der virtuelle Stress durchaus reelle körperliche Reaktionen auslösen kann.

 

  1. Sozialer Druck

Genau so wie unsere Jugendliche auf dem Pausenplatz die coolsten Markenartikel tragen wollen sind auch die trendigen Kampfanzüge in Form von sogenannten Skins heiss begehrt. Diese Skins kauft man sich mit V-Bucks, der Fortnite Währung. Und da die Skins keinerlei Einfluss haben auf die Gewinnchancen, handelt es sich um ein rein soziales Phänomen wo die Gamer sich durch coole Klamotten von Mitspielenden abgrenzen wollen. Viele Fortnite spielende Youtuber haben Lieblings-Skins und erhöhen dadurch zusätzlich den Druck auf ihre Fans, die gleiche Skin kaufen zu wollen. Ermuntern sie ihr Kind und erklären ihm, dass Selbstvertrauen nicht von Kleidern abhängig ist.

 

  1. Finanzielle Kompetenz

V-Bucks als offizielle Währung von Fortnite ist, genau wie eine Kreditkarte auch, eine Trennschicht vom realen Geldwert. Es ist erwiesen, dass uns das Ausgeben viel einfacher fällt, wenn wir anstatt mit Bargeld die Kreditkarte benutzen. Umso einfacher fällt es unseren Kindern, in einer virtuellen Währung virtuelle Kleider zu kaufen. Die Kreditkarten-Abrechnung kommt dann sowieso direkt an Papi oder Mutti. Erstellen sie zusammen mit ihrem Kind eine Preistabelle für V-Bucks und erkunden sie gemeinsam die verschiedenen Währungskurse (V-Bucks kosten je nach Plattform, d.h. PS4, XBoX, PC mehr oder weniger und können nur auf der entsprechenden Plattform genutzt werden).

 

  1. Nicht förderlich für schulische Leistungen

Sprechen Sie irgendeine Primarschul Lehrperson auf Fortnite an und sie werden höchstwahrscheinlich sehr ähnliche Antworten erhalten. Die Popularität des Spiels hat teilweise epidemische Ausmasse angenommen und kann sich entsprechend negativ auf die schulische Leistung auswirken. Übermüdung und mangelnde Konzentration sind dabei die beiden meistverbreiteten Symptome vom zu vielen gamen. Erarbeiten Sie zusammen zeitliche Regeln, halten sie diese schriftlich fest, definieren sie Konsequenzen beim Nichteinhalten und ziehen sie diese konsequent durch. Die Kinder brauchen diese Grenzen.

 

  1. Spitze des Eisberges

«Was willst du einmal werden, wenn du gross bist?» war schon zu meiner Zeit die Lieblingsfrage der Grosseltern an die Enkelkinder. Lokiführer, Feuerwehrmann und Piloten wurden mittelweile weggedrängt durch «Youtuber» oder «Fortnite Profi». Diese «Berufe» werden neuerdings nochmals vereinfacht mit der simplen Antwort «reich und berühmt». Erklären sie ihrem Kind, dass für jeden Fortnite Profi mit mehr als einer Million Abonnenten hunderttausende von Kindern gibt, die es nie über 100 Abonnenten geschafft haben. Erklären Sie auch, dass es weltweit schätzungsweise über 30 Millionen «Youtuber» mit eigenem Kanal gibt (dreieinhalb Mal die Schweizer Bevölkerung) und dass diese im Schnitt etwa einen Franken pro tausend «view» erhalten! Nach dem Zweitausendzweihundertsten Stream deines Videos kannst Du Dir ein Ragusa kaufen.

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Sind wir wirklich Handysüchtig?

Lange ging man davon aus, dass Sucht ausschliesslich durch Konsum von Drogen wie Nikotin, Alkohol oder Heroin entstehen kann. Eine weitere Grundvoraussetzung zur Suchtdiagnose war die Marginalisierung. Süchtig war, wer einer Randgruppe von Drogenkonsumenten angehörte, die die Kontrolle über dessen Konsum verloren hatte.

Ein bestimmtes Verhalten als Sucht zu definieren ist relativ neu und die Entdeckung von Verhaltenssucht war eher zufällig. Als in den Fünfzigerjahren ein kanadisches Team von Wissenschaftler Versuche mit Ratten durchführten, lief etwas schief. Mehrere Tiere wurden mit elektrischen Sonden im Hirn ausgestattet, die einen Stromschlag auslösten, sobald die Tiere einen Metallhebel berührten. Erwartungsgemäss mieden sämtliche Ratten den Kontakt mit dem Metallhebel, um unnötiges Leiden zu vermeiden. Ausser einer Ratte. Diese drückte im Sekundentakt munter den Metallhebel bis sie nach 12 Stunden an Erschöpfung starb. Es stellte sich nachträglich heraus, dass die Ratte weder masochistisch veranlagt war noch unter Selbstmordgelüsten litt. Beim Einbau der Sonde unterlief den Wissenschaftlern ein winziger Fehler : die Sonde wurde nicht im Mittelhirn eingesetzt, sondern vielmehr im benachbarten «Lustzentrum». Und so wurde aus einem ursprünglich bescheidenen Experiment eine bahnbrechende Erkenntnis. Es gibt ein «Lustzentrum» im Hirn, das durch gezielte Stimuli gereizt werden kann und durch das Ausstossen von Hormonen wie Dopamin und Serotonin Glücksgefühle erzeugt.

In den achtziger- und Neunzigerjahren dann war die Pionierzeit von sogenannten Verhaltensforschern angebrochen. Nicht weniger als 6 Verhaltenswissenschaftler gewannen in den letzten dreissig Jahren den Wirtschaftsnobelpreis. Der Schwerpunkt der Forschungen war immer das Verständnis von irrationalem menschlichen Verhalten gegenüber rein wirtschaftlicher Logik. Warum fällt es uns schwerer, etwas zu verkaufen, das wir lieben (das Konzert Ticket meiner Lieblingsband ist doppelt so viel wert auf dem Schwarzmarkt)? Wie verändern wir unser Verhalten, nur weil wir geliebt werden wollen (stundenlanges Posen für das richtige Insta Selfie)? Warum überschätzen wir systematisch unser eigenes Wissen (Fehlprognosen für Marktentwicklung und Börsenkurse)? Durch tausende von Versuchen und Befragungen gelang es der Wissenschaft, unser irrationales Verhalten (d.h. Denkfehler) bei Entscheiden zu verstehen, zu messen und entsprechend vorherzusagen.

Alle wollen geliked werden

Und schliesslich kam das Zeitalter von Facebook mit der genialen Idee, unser Lustbedürfnis mit den kalkulierbaren Denkfehlern und Entscheidungsschwächen zu verkoppeln. Wir wollen alle geliked werden und wir sind alle entsprechend beeinflussbar. Von der Hintergrundfarbe über das Screensaver Bild bis hin zur Grösse, Form und Position von Action-Buttons ist alles genaustens abgestimmt, damit wir uns so verhalten, wie sich das Facebook wünscht. Und da Facebook praktisch ausschliesslich von Werbegeldern lebt geht es darum, unsere Aufmerksamkeit so lange wie möglich zu halten, um die daraus entstandenen Verhaltensdaten zu monetisieren und den Shareholder bestmöglichste Quartalszahlen zu liefern. Die kombinierten Erkenntnisse von Suchtforschung, Hirnforschung, Psychologie und Verhaltensforschung sind also verdammt clever verpackt worden, als «Soziale Medien» gebrandet und den Konsumenten und Konsumentinnen «gratis» zur Verfügung gestellt worden. Mit dem übergeordneten Ziel der kurzfristigen Gewinnmaximierung.

Und so verbringen wir unsere tägliche Pendlerzeit, unseren Klo-Aufenthalt, unser Aufstehen und ins Bettgehen mit dem monotonen Anstarren unseres Handys. Da es sich um ein Massenphänomen handelt, ist zumindest die Sucht-Definition von einer Randgruppe nicht mehr länger gültig. Und obwohl sich die American Psychiatric Association (APA) in ihrem weltweit gültigen diagnostischen und statistischen Handbuch von Geisteskrankheiten (DSM) «Sucht» explizit von Drogenkonsum auch auf Verhaltenssucht ausgeweitet hat, können wir die Titelfrage nicht schliessend beantworten. Um als «süchtig» zu gelten genügt es nicht, von einem bestimmten Verhalten oder Konsum abhängig zu sein. Wir müssen uns zusätzlich bewusst sein, dass unser Verhalten auf Dauer schädlich für unsere Gesundheit ist. Und um diese Sachlage schliessend zu bestätigen, fehlen uns entweder entsprechende Langzeitstudien oder aber die Lobbyisten aus dem Silicon Valley machen einen hervorragenden Job, um solche Studien (noch) zu verhindern.

 

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Papa, darum spiel ich «Fortnite»!

Liebe Jungs, liebe Mädels, hier nun mal was wirklich Nützliches: Eine Lifehack-Liste, um mit euren Eltern sachlich zu argumentieren, anstatt gleich auszurasten, wenn ihr mal wieder inmitten eines epischen «Fortnite»-Games gestört werdet. Tipp, falls Letzteres eintrifft: Tief durchatmen, cool bleiben und wie Rockstars verhandeln. Die einzelnen Punkte könnt ihr beliebig kombinieren. Viel Erfolg!

1. Soziale Verantwortung

«Fortnite» hilft mir, meine sozialen Kompetenzen zu festigen und auszuweiten. Beim «Battle Royal»-Modus gibt es am Ende nur einen Gewinner bzw. ein Gewinner-Team. Ohne vorgängiges Abmachen, pünktliches Erscheinen und präzise Absprachen vor dem Spiel geht gar nix. Bei jedem Spiel lerne ich übrigens viel Zwischenmenschliches über meine Teamkollegen.

2. Strategisches Denken

Papi, was du mir von deinem «offsite meeting» im Büro erzählt hast über Zukunftsszenarien ausdenken und im Team präsentieren, dafür habe ich keine Zeit. Mein strategisches Denken muss ich in Echtzeit abrufen können. Baue ich eine Festung? Springen wir zusammen oder zeitlich versetzt auf die Insel? Attackieren wir oder verstecken wir uns? Dies sind nur einige von unzähligen strategischen und taktischen Szenarien, über die ich als Einzelspieler oder Teamplayer entscheiden muss. Ein falscher Entscheid ist meist tödlich.

3. Empathie

Da jedes «Fortnite»-Game mit mindestens 96 unbekannten Spielern und Spielerinnen startet, hilft es mir, mich in meinen Feind einzufühlen. Wenn ich etwa einen Gegner mit einem Galaxy Skin vor mir sehe, beobachte ich ihn kurz aus sicherer Distanz, um rauszufinden, ob er wirklich so gut ist, wie der happige Preis seines Skins erahnen lässt. Weisch, würde ich vor Ehrfurcht erstarren, erginge es mir etwa so wie dir, wenn du inmitten einer Strassenkreuzung stehen bleiben würdest, um einem Maserati nachzuschauen.

4. Belastbarkeit

Ha! Hast du schon mal einen Stellenbeschrieb gesehen, in dem nicht nach einer belastbaren Persönlichkeit gesucht wird? Genau, meine Belastbarkeit wird auf Herz und Nieren geprüft. Je länger ich überlebe, desto enger das Spielgelände, desto extremer die Belastung. Dank solcher Belastungsproben kann ich übrigens den Prüfungsstress in der Schule besser bewältigen.

5. Konzentration

Jetzt verstehe ich endlich, was du meinst, wenn du mir bei den Hausaufgaben immer wieder sagst, ich solle mich konzentrieren. Während der zwanzig bis dreissig Minuten eines «Fortnite»-Spiels ist volle Konzentration Voraussetzung, nur so kann man gewinnen – und Teamkameraden vor einem Sniper warnen.

6. Solidarität

Wie ich dir schon beim Punkt der sozialen Verantwortung erklärt habe, ist ein eingespieltes Team total wichtig. Gegenseitiges Vertrauen und eine eingespielte Abgeklärtheit unter Kollegen bauen wir langsam auf und pflegen es entsprechend. Und falls einer meiner Freunde in der Hitze des Gefechts fallen sollte, entscheiden wir uns in Echtzeit via Headsets, ob es die Lage erlaubt, einige Sekunden dem Opfer beizustehen – um ihn mit dieser solidarischen Geste unter Todesgefahren wiederzubeleben. Quasi virtuell gelebte Nächstenliebe mit Auferstehung.

7. Reaktionsfähigkeit

Selbstverständlich muss ich mein Arbeitswerkzeug beherrschen. Ein falsches Tippen auf dem Handy oder ein verzögerter Tastengriff kann fatal sein.

8. Durchhaltevermögen

Falls meine Freunde tragischerweise umgekommen sind und ich sie nicht wiederbeleben konnte, gilt es, durchzuhalten. Dabei lerne ich etwa auch, meinen Rachegelüsten zu widerstehen, um mich nicht zusätzlichen Gefahren auszusetzen. Was ihr in der Geschäftsleitungssitzung Risikomanagement nennt, eigne ich mir spielerisch an und merke mir meine Fehler für jede neue Runde. Die ultimative Anerkennung meines Durchhaltevermögens ist es natürlich, wenn ich als einziger Überlebender das Spiel gewinne und ich somit meinen verlorenen Mitspielern zu posthumaner Ehre verhelfen kann.

9. Räumliches Vorstellungsvermögen

Mami, stell dir vor, du bist in einer unbekannten Grossstadt allein im Auto unterwegs und plötzlich versagt dein GPS. Total verloren, gäll? Dank meinen regelmässigen «Fortnite»-Einsätzen habe ich gelernt, mir komplexe Karten zu merken und diese im Game wiederzuerkennen. Mit diesem Skill und dem alten Strassenatlas im Handschuhfach könnte ich dir wahrscheinlich weiterhelfen und dich sicher ans Ziel bringen.

10. Spass

Verstehst du jetzt, dass es sich nicht um ein «Scheiss-Ballergame» handelt? Ich eigne mir spielerisch viele Kompetenzen fürs Leben an und habe sogar Spass daran. Gerne lade ich dich ein, mir beim nächsten Spiel über die Schultern zu schauen, anstatt ohne Vorwarnung das Wi-Fi-Signal auszuschalten. Bitte schreibe deine Fragen auf, damit ich mir nach dem Game Zeit nehmen kann, dir alles genau zu erklären. Danke.

Dieser Artikel ist erstmals im Tages-Anzeiger vom 28. November 2018 erschienen

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Unsinniges Influencer-Bashing

Influencer-Bashing ist gerade hoch im Kurs. Es scheint voll okay, Influencer als In-Fulenzer abzustempeln, als arbeitsfaule Pseudoinhaltsproduzenten zu belächeln oder als verkleidete Schleichwerber zu beschimpfen.

Der Begriff Influencer selbst ist eine Erfindung der Werbeindustrie, die sich seit eh und je gezwungen sieht, maximale Reichweite innerhalb einer Zielgruppe zu möglichst geringen Kosten zu erzielen. Die ersten Blog-Plattformen waren gleichzeitig die Geburtsstunde von «Influencern». Aus der Ich-Perspektive geschriebene und bewusst meinungsbetonte Artikel sind bis heute die klaren Abgrenzungsmerkmale zu traditionellem journalistischem Inhalt.

Natürlich ging es nicht lange, bis die Marketing-Gurus die glaubwürdigsten und engagiertesten Blogger über Skateboard, Cybersecurity, Make-up oder Yoga als Werbeplattform entdeckten. Und wer konnte es den nahe am Hungertod lebenden, aber umso leidenschaftlicher schreibenden Bloggern übelnehmen,
gegen eine ehrliche und offen deklarierte Product-Review ein paar Dollars einzustecken?

Blogger versus Milchverband

Im Gegensatz zum Schweizer Gesetz gilt in den USA seit 2009 eine strikte Deklarationspflicht von gesponsorten Inhalten von Bloggern bzw. «Influencern». Grundsätzlich ist jeder Blogger eine engagierte Person, die ehrenamtlich sehr viel Zeit, Aufwand und eben Leidenschaft für ein gewisses Thema aufbringt. Ein Mensch, der auf eine gewisse Privatsphäre verzichtet und den Mut hat, eine öffentliche Meinung respektierlich zu vertreten, verdient grundsätzlich Respekt.

Vielleicht mehr Respekt als andere «Influencer» wie der Fleischverband oder der Milchverband, die auf einer für öffentliche Schulen gedachten Plattform gebrandete Inhalte erstellen und diese ungeniert als «Lehrmittel» verkleiden. Im Unterschied zu Bloggern haben solche institutionelle Influencer immer kommerzielle Absichten (warum sonst würden sie denn für die Redaktion und Produktion des «Lehrmittels» zahlen?).

Lehrmittel-Check statt Influencer-Bashing

Eine Annäherung zwischen Schule und Privatwirtschaft auch in der Erarbeitung von Lehrmitteln macht durchaus Sinn, solange die Qualität und Objektivität jederzeit gewährleistet ist. Das interaktive Lehrmittel «Share your Risk» scheint eine durchaus gelungene Gamification, um Risikokompetenz zu vermitteln. Bezahlt dafür hat die Schweizerische Versicherungsgesellschaft.

Aber bekanntlich ist es ja so, dass, wer zahlt, auch befiehlt! Da wir die Blogger mit unserer Aufmerksamkeit bezahlen, genügt im Falle von mangelnder Qualität dessen sofortiger Entzug – Höchststrafe für «Influencer»! Falls unsere Primarschulkinder jedoch mit Lehrmitteln mit dem Namen «Milch in der Schule ist klasse!» konfrontiert werden, wäre volle Aufmerksamkeit verbunden mit kritischem Denken und sofortigem Hinterfragen angebracht.

Sollten wir, anstatt die hungernden «Influencer» zu bashen, unsere Aufmerksamkeit nicht vermehrt der fehlenden Objektivität von gesponserten «Lehrmitteln» widmen – und uns fragen, wie es überhaupt soweit kommen konnte?

Dieser Artikel ist erstmals am 15. November 2018 im Tages-Anzeiger erschienen.

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