Éducation aux médias

Elterngespräch_Mediennutzung_Schule

Schule, Schuld und Scham

Die Frage nach dem Medienkonsum sorgt für Zündstoff zwischen Schule, Eltern und Schülerschaft. Einige Ratschläge, wie man dieses toxische Thema anspricht.

Liebes Mamablog-Team, ich bin Vater zweier Kinder (7 und 11 Jahre) und Lehrer auf der Sekundarschulstufe in der Agglomeration von Zürich. Momentan bereite ich gerade die Elterngespräche für meine neue Klasse vor. Dies fällt mir in der Regel leicht, wenn es nicht das lästige Thema Mediennutzung gäbe. Viele Eltern behaupten, es gäbe konkrete Bildschirmregeln zu Hause, die meisten ihrer Kinder wissen jedoch nichts davon oder halten diese nicht ein. Da ich vermehrt Schüler und Schülerinnen habe, die wegen Schlafmangel im Unterricht einnicken, muss ich das Thema ansprechen. Sofort fühlen sich die Eltern jedoch angegriffen, starten zum Gegenangriff und verhindern eine konstruktive Kommunikation. Gerne würde ich zu diesem heiklen Thema Elternstimmen hören. Leserfrage von Fabian (47)


Lieber Fabian, Ihr Anliegen scheint mir sehr aktuell und auch sehr wichtig. Wenn es ums Thema Mediennutzung geht, entsteht in der Tat ein schwieriges, fast toxisches Dreieck zwischen Schule, Eltern und Schülerschaft.

Eigentlich wollen wir ja alle nur das Beste für unsere Kinder. Der Bildungsauftrag der Schule beziehungsweise der Lehrpersonen ist durch diverse Gesetze, Lehrpläne und Prozesse genau definiert. Die meisten dieser Texte und Prozesse stammen jedoch noch aus einer Zeit, in der es noch keine Smartphones gegeben hat. Und wenn es um die Nutzung dieser Teile geht, scheiden sich die Geister, entstehen Generationenkonflikte und öffnen sich kulturelle Klüfte. Entsprechend wichtig ist eine empathische und gegenseitig feinfühlige Kommunikation.

Konstatieren anstatt beschuldigen

Nachlassende schulische Leistungen, Konzentrationsschwächen, soziale Isolation oder zunehmende Müdigkeit sind allesamt Symptome, die durch übermässigen Bildschirmkonsum entstehen können.

Bei solchen Beobachtungen ist es als Lehrperson naheliegend, mangelnde Disziplin im Umgang mit digitalen Medien zu vermuten oder sogar die Eltern dessen zu beschuldigen. Dies gilt es zu vermeiden, denn beschuldigte Eltern fühlen sich sofort angegriffen und holen in der Regel zum Gegenangriff aus, da ihr Kind aus ihrer Sicht gut erzogen und einmalig ist. Anstatt zu vermuten oder zu beschuldigen, genügt es, zu konstatieren:

  • «Ich bemerke, dass ihr Kind vormittags sehr müde ist».
  • «Ich beobachte, dass die Konzentrationsfähigkeit in den letzten Wochen erheblich abgenommen hat».

Lassen Sie diese Tatsachen im Raum stehen und beobachten Sie danach die Reaktion. Falls beide Elternteile am Gespräch teilnehmen, löst dies wahrscheinlich ein sofortiger «interner» Dialog zwischen den beiden aus. Danach entsteht in den Köpfen der Eltern das unbehagliche Gefühl, dass Sie ihnen als Lehrperson mangelnde Disziplin oder fehlende Medienerziehung vorwerfen könnten. Diese Gedanken lassen wiederum Schuld- und sogar Schamgefühle entstehen. Vermeiden Sie jetzt diese beklemmende Situation mit weiteren, nicht beschuldigenden und offenen Fragen.

  • «Haben Sie ähnliche Symptome beobachtet?»
  • «Falls ja, haben Sie Erklärungen dazu?»

Raus aus der Lehrerrolle und den Elternhut aufsetzen

Falls hier das Thema Gaming, soziale Medien und Handy etc. von den Eltern noch nicht erwähnt wird, schlüpfen Sie aus der Lehrerrolle und tragen Sie kurz den Elternhut. Erzählen Sie als Vater von der unsäglichen Schwierigkeit bei Ihnen zu Hause, verbindliche Bildschirmregeln für Ihre beiden Söhne aufzustellen, dies dem verschiedenen Alter der beiden Buben gerecht zu gestalten, die Einhaltung regelmässig zu überprüfen und die Konsequenzen beim Regelbruch einzuhalten. Erzählen Sie auch, wie Sie sich regelmässig dabei ertappen, selbst die Regeln nicht einzuhalten und wie verdammt schwierig es für Sie sei, eine konsequent gute Vorbildrolle zu sein.

Spätestens jetzt ist das Fundament für eine offene und konstruktive Diskussion geschaffen. Die Schuld- und Schamgefühle verblassen und ein lösungsorientierter Dialog auf Augenhöhe entsteht.

Wir sind als Gesellschaft von der rasanten digitalen Entwicklung überfordert und haben für solche Anschuldigungen schlicht weder Raum noch Zeit.

Erlauben Sie mir hier auch einen wichtigen Hinweis an alle Eltern. Versuchen Sie bei jedem Gespräch mit der Lehrperson, letztere als Mutter oder Vater wahrzunehmen, die den genau gleichen Herausforderungen ausgesetzt ist. Es handelt sich ja schliesslich nicht um ein Gespräch beim Kundendienst, wo Sie sich über mangelnde Wertschätzung ihres Kindes beklagen. Wir sind als Gesellschaft von der rasanten digitalen Entwicklung überfordert und haben für solche Anschuldigungen schlicht weder Raum noch Zeit.

Erinnern Sie sich vor dem Gespräch, dass die Lehrperson in einer immer komplexer werdenden digitalen Gesellschaft die leidtragende Person ist, die mit den Konsequenzen von unkontrollierter Bildschirmnutzung umgehen muss, ohne aber einen verbindlichen Einfluss auf die Ursachen zu haben.

Lifehacks, Beratung ? ganz ohne Vorurteile

Offerieren Sie als Lehrperson den Eltern Hilfe beim Bildschirmregeln erstellen (hier finden Sie einen hilfreichen Lifehack). Organisieren Sie, wenn nötig Diskussionsrunden unter Eltern oder auch einen Elternabend, wo es ausschliesslich ums Thema digitale Medien geht.

Immer mehr Schulen bieten via Schulsozialdienst oder aber die Gesundheitsförderung spezifische Unterstützung zum Thema Medienerziehung oder organisieren wöchentliche Beratungsstunden mit Fachpersonen. Einige Schulen und Gymnasien sind auch dabei, eine «peer-to-peer»-Medienerziehungsunterstützung aufzubauen, bei der ältere Schüler und Schülerinnen die jüngeren unterstützen, sich vor den (Sucht)Gefahren von Games, sozialen Medien und dem Handy zu schützen.

Vorbehaltlos und vor allem vorurteilslos über die enormen Herausforderungen der Medienerziehung zu sprechen ist die beste Voraussetzung zu einem gesunden und bewussten Umgang mit digitalen Medien.

Dieser Artikel wurde erstmals im Tages-Anzeiger vom 9. September 2022 publiziert.

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Techfreie Erziehung zum Wohle der Kinder: Denn das Smartphone sollte vor der Nutzung verstanden werden. Illustration: Benjamin Hermann

Stimmt es, dass die Kinder von Techbossen keine Handys haben? 

ELTERNFRAGE ZUR MEDIENERZIEHUNG

„Immer wieder höre ich von Geschichten, dass die Bosse der führenden Technologieunternehmen im Silicon Valley ihre Kinder viel strenger erziehen als allgemein üblich. Ihre Kinder schicken sie in Rudolf Steiner Schulen und anstatt Handys gibt es konsequent Waldspielgruppen und Holzspielzeuge. Wie viel stimmt von alldem und falls es zutrifft, wie lässt sich das erklären?“ Leserfrage von Boris aus Zürich


Lieber Boris, danke für die Frage. Dieses Thema wird tatsächlich seit Jahren immer wieder in verschiedenen Medien diskutiert, teils ideologisch emotional, teils faktenbasiert und wissenschaftlich. Ich werde mir in diesem Text entsprechend erlauben, die Spannbreite von wissenschaftlichen Erkenntnissen bis hin zu meinen väterlichen und beruflichen Erfahrungen auszuschöpfen.

Vier kulturelle Grundkompetenzen

Die Basis und sogleich der kulturelle Grundpfeiler unseres Bildungssystems ist die Fähigkeit, lesen, schreiben und rechnen zu können. Sobald unsere Kinder die sechsundzwanzig Buchstaben und zehn Zahlen kennen, werden Kombinationen geübt. So entstehen Wörter und zusammengesetzte Zahlen. Die eigentliche Magie dahinter besteht darin, dass gleichzeitig lesen und schreiben gelernt wird. Wir sind also nicht nur «Konsumenten» von Texten und Zahlen, sondern wir werden zugleich zu potenziellen Schriftstellerinnen, Poeten und Mathematikerinnen erzogen. Heute sprechen wir von der «digitalen Kompetenz» als vierte kulturelle Grundkompetenz. In der digitalen Bildungsentwicklung unterlief uns jedoch ein epochaler Fehler. 

Und so passierte es, dass Informatik mit Anwenderkompetenz verwechselt wurde.

In den frühen Achtzigerjahren wurde durch die Erfindung von Microsoft Windows die grafische Benutzeroberfläche dem breiten Publikum zugänglich. Die eigentliche Revolution dieser Windows waren die Pop-up-Fenster, die das Bedienen von Programmierzeilen vereinfachten beziehungsweise Letztere verdeckten. Das User Interface (Schnittstelle zwischen Mensch und Computer) war erfunden und nistete sich in Windeseile zwischen Programmierer und Benutzer ein. Und so passierte es, dass Informatik mit Anwenderkompetenz verwechselt wurde. Wir erlagen der kollektiven Illusion, dass das effiziente Bedienen von vielen Windows etwas mit Informatik zu tun hätte. In der Realität jedoch wurden wir zu Bedienern degradiert und Schicht um Schicht vom Programmiercode entfernt. 

Eine Generation von Anwendern

Dieser digitale Keil, der jahrelang zwischen dem Bedienen des Fensters (lesen) und dem Codieren (schreiben) geschlagen wurde, liess eine ganze Generation zu einer «Read only»-Generation heranwachsen. Durch die schleichende Entfernung vom eigentlichen Programmieren, hin zum Nutzen von Software-Anwendungen, wurden wir zu Anwenderinnen und Anwendern erzogen. Erst seit der Einführung des Lehrplans 21 der Deutschschweizer Kantone konnten unsere Schulen dieser gefährlichen Entwicklung entgegenwirken. 

Die digitale Elite im Silicon Valley ist sich dieser Entwicklung gezwungenermassen sehr bewusst. Und so erstaunt es auch nicht, dass viele Tech-Manager ihre Kinder im Umgang mit digitalen Medien strenger erziehen. Grundsätzlich gibt es dafür zwei Hauptgründe: Einerseits um zu verhindern, dass die Kinder nur zu Anwenderinnen und Anwendern und Softwarenutzenden heranwachsen, andererseits um sie vor dem enormen Suchtpotenzial von Videogames und «sozialen» Plattformen zu schützen. 

Erfolgsrezept: Waldorfer Medienpädagogik

Medienpädagogik ist ein zentraler Baustein der Rudolf Steiner Schulen. Die ersten sieben Jahre sind jedoch auf analoge Medien gerichtet, um den Kindern möglichst umfassende Kompetenzen für die reale Welt zu geben. Darauf aufbauend werden ab dem zwölften Lebensjahr digitale Medienkompetenzen gelernt. Auch hier hat das Verstehen der Technologie mindestens das gleiche Gewicht wie das Anwenden von Programmen. So wird zum Beispiel ein alter Computer in Einzelteile zerlegt, um genau zu verstehen, wie dieser funktioniert. Die Kinder lernen Programmieren, logisches Denken und Probleme in Teilprobleme zu teilen, um Lösungen zu erarbeiten (in der Pädagogik wird dies auch «computational thinking» genannt). Die steigende Beliebtheit von Waldorfschulen (allein in Kalifornien gibt es vierzig Schulen) und die Erfolgsquoten der Schülerinnen und Schüler (94 Prozent der Abgängerinnen und Abgänger schaffen es danach ins College) zeugt vom Erfolg der Waldorfer Medienpädagogik.

Es ist auch kein Geheimnis, dass viele Silicon-Valley-Manager für ihre Kinder eine möglichst techfreie Erziehung anstreben. Sowohl der verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs als auch Google-CEO Sundar Pichai und Snapchat-CEO Evan Spiegel hatten Smartphones unter 10 Jahren verboten und die Bildschirmzeit ihrer Kinder streng kontrolliert.

Das Smartphone ist zweifellos eine geniale Erfindung, die uns als omnipräsentes Werkzeug in praktisch jeder Lebenssituation zur Hilfe steht. Es sollte jedoch genau als solches wahrgenommen werden. Ob Hammer, Stichsäge oder Sackmesser, jedes Werkzeug muss vor seiner Nutzung verstanden werden. Das Smartphone sollte hier keine Ausnahme darstellen. Da es für ein Kind unter zehn Jahren praktisch unmöglich ist, die komplexe digitale Technologie hinter dem glatten Bildschirm zu verstehen, macht ein elterlicher Schutz vor diesem «Werkzeug» Sinn. Sobald ein bewusster und gesunder Umgang mit sozialen Medien, Videospielen erlernt ist, wird auch die rein quantitative Bildschirmzeit weniger wichtig.  

Oder wann hat Ihr Kind das letzte Mal eine Gebrauchsanleitung für Software gelesen?

Im Lehrplan 21, der im Kanton Zürich seit 2018 angewendet wird, wird das Thema «Medien und Informatik» als Modul oder auch «transversales Fach» gelehrt. Richtigerweise wird dabei zwischen Medienbildung (kritisches Denken und Medienverständnis), informatischer Bildung (computational thinking und coden) und Anwenderkompetenzen (Nutzung von Programmen) unterschieden. Da die Silicon-Valley-Konzerne alles daransetzen, dass die Anwendung ihrer Erzeugnisse so einfach wie möglich ist (wann hat Ihr Kind das letzte Mal eine Gebrauchsanleitung für Software gelesen?), sollte der Fokus der Medienbildung in der kritischen Selbstreflexion und im informatischen Grundverständnis liegen. Unsere elterliche Unterstützung in der Medienerziehung ist hierbei unerlässlich. Nicht alle Kinder werden programmieren können, aber alle Kinder sollten wissen, was Programmiererinnen und Programmierer können. 

Dieser Artikel wurde erstmals publiziert im Tages-Anzeiger vom 22. April 2022

Stimmt es, dass die Kinder von Techbossen keine Handys haben?  Lire la suite »

Ist Mein Sohn Handysüchtig?

Ist mein Kind handysüchtig?

Selbst auf dem Skilift und WC ? der Sohn einer Leserin kann seinen Blick nicht mehr vom Handy lassen. Normales Verhalten oder bereits eine Sucht? Dazu einige Definitionen und Tipps.

Als wir mit Freunden in den Skiferien waren, hat sich unser Ältester (14) jeweils nur widerwillig von seinem Handy getrennt. Und dies, obwohl auch noch andere Kinder zugegen waren. Wo er stand und sass, starrte er in sein Ding. Auf dem Skilift, auf dem WC, selbst beim Laufen konnte er seinen Blick nicht vom Bildschirm lassen. Mir ist bewusst, dass sich heutzutage sehr viele Menschen so verhalten, aber wenn man es beim eigenen Kind beobachtet, läuft es einem schon kalt den Rücken runter. Ab wann spricht man eigentlich von einer Handysucht? Leserfrage von Pia aus Zürich

Liebe Pia, besten Dank für Ihre Frage. Durch die teils markant gestiegene Bildschirmzeit während der Pandemie ist Ihre Frage aktueller denn je. Lassen Sie uns erstmals das Wort «Sucht» so gut wie möglich klären, um danach die Symptome von Handy-, Game- oder Internetsucht zu diskutieren und schlussendlich einige Tipps zur Suchtprävention zusammenzustellen.

Was ist Sucht?

«Handysucht», «Gamesucht», «pathologischer Internetgebrauch», «Internetsucht» oder «Onlinesucht» sind alles austauschbare Begriffe. Obwohl es zunehmend wissenschaftliche Forschungen und Studien zum Thema gibt, fehlt eine einheitliche Definition. Es wird deshalb auch der Begriff von internetbezogenen Störungen (IBS) benutzt. Als diagnostizierbare Krankheit hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 2018 eine «gaming disorder» definiert. Die Erforschung von Verhaltenssüchten (Computerspielsucht, Pornosucht, Kaufsucht usw.) ist noch recht jung, da sich die Suchtforschung traditionell immer sogenannten Konsumsüchten (Alkohol, Tabak usw.) widmete.

Damit wir also überhaupt von Sucht reden können, muss sich das Kind der Schädlichkeit seines Verhaltens bewusst sein.

Um mit Computerspielsucht diagnostiziert zu werden, muss ein Kontrollverlust, eine erhöhte Priorität fürs Gamen, eine gleichzeitige Vernachlässigung von anderen Interessen oder Aktivitäten sowie eine Fortsetzung oder Zunahme trotz schädlicher Auswirkungen erkennbar sein. Damit wir also überhaupt von Sucht reden können, muss sich das Kind oder der Erwachsene der Schädlichkeit seines Verhaltens bewusst sein.

Wie erkenne ich eine Sucht?

Gemäss der JAMES Studie 2020 liegt die durchschnittliche, tägliche Handyzeit von Jugendlichen zurzeit bei 3 Stunden und 47 Minuten unter der Woche und bei 5 Stunden 16 Minuten an Wochenendtagen, was einer fast zweistündigen Zunahme innerhalb von zwei Jahren gleichkommt. Die stetig steigende Bildschirmzeit ist ein rein quantitatives Indiz auf ein eventuelles Suchtverhalten. Andere Anzeichen sind ein steter Wunsch oder Zwang, das Handy anzuschalten ? vielfach aus Angst, etwas zu verpassen. Hier spricht man auch von «Fomo», eine englische Abkürzung für «Fear of missing out». 

Wenn dazu noch Vernachlässigungen von Pflichten (z. B. Hausaufgaben, Training), Freundschaften oder sozialen Kontakten kommen sowie andere Beeinträchtigungen wie Schlafmangel, Isolation oder Konzentrationsschwierigkeiten, spricht man von einem suchtartigen Verhalten.

Da es keine generell gültige Handyzeit gibt und es auf ein gesundes Gleichgewicht zwischen reellem und virtuellem Leben ankommt, sollten Eltern vor allem auf die oben beschriebenen Symptome Acht geben. Als schnelle Selbsteinschätzung empfiehlt es sich, einen Selbsttest zu machen. Je nach Resultat macht es allenfalls Sinn, eine Fachperson oder eine Fachstelle für Internet-Suchtprävention aufzusuchen.

Was kann ich dagegen tun?

Grundsätzlich sollten wir uns vergegenwärtigen, dass sowohl die «sozialen» Plattformen als auch die Free-to-play-Games keineswegs «gratis» sind. Da wir mit unseren Daten bezahlen und da wir nur Daten generieren, wenn wir online sind, sind sowohl die sozialen Plattformen, wie auch die Free-to-play-Spiele darauf optimiert, uns so schnell wie möglich süchtig zu machen. Dazu kann ich ihnen den Film «Das Dilemma mit den Sozialen Medien» auf Netflix empfehlen. Schauen sie den Film am besten mit den Kindern an und diskutieren Sie danach darüber. Mediensuchtprävention funktioniert am besten, wenn diese zusammen mit den Kindern erarbeitet wird und wenn wir den Kindern die gesundheitlichen Folgen erklären können.

Bei allem Erklären sind jedoch klare Handy- und Internetnutzungsregeln, vor allem im Alter zwischen zwei bis etwa fünfzehn Jahren, unabdinglich (wobei ein Handy unter zehn Jahren vermieden werden sollte). Am besten gelingt dies, wenn die Regeln zusammen mit dem Kind ausgearbeitet werden. Diskutieren Sie offen und konstruktiv und nehmen Sie die Argumente der Kinder ernst. Erklären Sie den Kindern auch die gesundheitlichen Risiken: dass die Frequenz des blauen Lichtes des Handys für die Netzhaut des Auges schädlich sein kann, dass die Aggressionen nach einem knapp verlorenen Shootergame störend sind und dass der Wunsch nach perfektem Aussehen depressive Gefühle wecken kann, da die Vorbilder allesamt mit zig Filtern nachbearbeitet sind.

Kinder sind sich durchwegs bewusst, dass es Regeln und Grenzen braucht, und wünschen sich dabei auch die elterliche Hilfe.

Die Chancen, dass Regeln eingehalten werden, sind viel höher, wenn das Kind die Gründe der Regeln versteht anstatt es die elterliche Autorität einfach schlucken muss. Scheuen Sie sich jedoch nicht, gewisse Grundregeln (z. B. kein Handy beim Essen, Handy vor dem Schlafen aus dem Schlafzimmer, kein Ego-Shooter-Game vor dem Einschlafen, mindestens acht Stunden Schlaf, Altersfreigaben respektieren) resolut durchzusetzen, denn die Verantwortung liegt bei Ihnen.

Erstellen Sie einen schriftlichen Vertrag zum Beispiel mit dieser Website, bei der Sie viele vorgefertigten Regeln zusammenstellen und anpassen können. Ein fairer Vertrag sollte auch unsere elterliche Verantwortung miteinbeziehen. So kann eine Regel uns beispielsweise verbieten, das Kind beim konzentrierten Gamen zu unterbrechen. Wir sollten uns auch verpflichten, unserer Vorbildrolle bei der eigenen Bildschirmnutzung gerecht zu werden.

Alternativen schaffen

Gemäss neuen Studien sind sich Kinder durchwegs bewusst, dass es Regeln und Grenzen braucht, und wünschen sich dabei auch die elterliche Hilfe. Viele Jugendliche versuchen bereits selbst, weniger Zeit am Handy zu verbringen, schaffen es aber nicht. Als ich vor ein paar Wochen mit einer Zürcher Gymnasiumsklasse Alternativen oder Handysucht-Abhilfen erarbeitete, haben Schülerinnen empfohlen, dass Swisscom mit jedem neuen Handy gleichzeitig ein Handygefängnis verkaufen sollte, um das Objekt der Begierde wegzusperren!

Helfens Sie den Kindern generell, den Zugang zum Handy zu erschweren (Ladekabel in der Küche fixieren; Handybox, wo nach einer gewissen Zeit die Smartphones versorgt werden). Die Apps mit hohem Suchtpotenzial wie Tiktok oder Snapchat können auf dem Handy auch in ein eigens dafür geschaffenes Menü gesteckt werden, das beispielsweise als letzte Menüseite angezeigt wird. Unterstützen Sie die Kinder beim Erarbeiten und Erfinden von Alternativen wie Gesellschaftsspiele oder Outdooraktivitäten. Am besten gelingt dies, wenn wir sie aktiv unterstützen und zum Beispiel handyfreie Familientage organisieren.

Falls jedoch Symptome wie Isolation, Vernachlässigung von sozialen Kontakten, Essstörungen, Konzentrationsschwäche gepaart mit zunehmender Bildschirmzeit anhalten, empfiehlt es sich, externe Unterstützung zur Medienerziehung beizuziehen.

Dieser Artikel erschien erstmals im Tages-Anzeiger am 18. Februar 2022

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Nur brave Kinder dürfen gamen ?

Wir haben mit unseren Kindern (8 und 10) folgenden Deal: Wenn sie sich nicht an Abmachungen halten ? nicht reinkommen, wenn wir sie rufen, ihre Teller nicht abräumen etc. ? bestrafen wir sie mit Geräteentzug. Nun hat mir kürzlich eine Freundin gesagt, dass eine solche Art der Bestrafung kompletter Unsinn sei, weil sie zum einen nichts mit dem Regelverstoss zu tun hat und zum anderen die Geräte für unsere zwei Buben nur noch interessanter werden. Stimmt das wirklich? Wie seht ihr das? Leserfrage von Simone auf Effretikon.

Liebe Simone, danke für Ihre Frage. Belohnungs- und Bestrafungssysteme sind so alt wie die Menschheit selbst. Beim genaueren Hinschauen gleicht unser Leben einem einzigen Hindernislauf zwischen Belohnung und Bestrafung. Ein Säugling muss kurz aufschreien, damit er mit Milch belohnt wird. Kleinkinder werden mit Lächeln und aufmunternden Worten belohnt, sobald Sie auf das Bild der Katze zeigen und «miau» sagen können.

Unsere ganze Gesetzgebung ist ein einziges Belohnungs- und Bestrafungswerk.

Wenn unsere Kinder dann später mit dem Velo auf dem Trottoir fahren, erhalten sie als Bestrafung die erste Busse. Unsere ganze Gesetzgebung ist ein einziges Belohnungs- und Bestrafungswerk. Halten wir uns an die Regeln, werden wir mit Freiheit belohnt, verstossen wir gegen das Gesetz, werden wir bestraft. Und wer sich das ganze Leben lang an die Regeln gehalten hat, den erwartet im Jenseits das Paradies als ultimative Belohnung.

Kausale Beziehung zwischen Regelverstoss und Strafe

Belohnungen und Bestrafungen haben immer zum Ziel, einen Einfluss auf unser Verhalten zu haben. Aus erzieherischer Sicht macht es Sinn, wenn immer möglich eine kausale Beziehung zwischen Regelverstoss und Strafe zu haben. Am besten ist es, die Regeln mit den Kindern gemeinsam zu erstellen und dabei auch den Sinn der Regel zu erklären. Unbegründete Regeln sind viel schwieriger zu verstehen und zu befolgen. Wenn also die Strafe für eine nicht eingehaltene Regel in direktem Zusammenhang mit dem Verstoss steht, unterstützt die Regel das Kind beim Verstehen und beim Erbringen des erwarteten Verhaltens.

So muss vielleicht die- oder derjenige, der das Geschirr nach dem Essen nicht abräumt, beim nächsten Essen das Geschirr der ganzen Familie wegräumen, oder muss den Abfallsack runtertragen. Das Ziel der Regel ist Hygiene und Ordnung im Haushalt und die Strafe unterstützt das Ziel direkt.

Einfache und möglichst wenig Regeln

Grundsätzlich empfehle ich, einfache und möglichst wenig Regeln aufzustellen, ganz nach dem Motto: so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Je mehr Regeln wir aufstellen, desto schwieriger und aufwendiger wird auch die Kontrolle der Regelumsetzung. Um uns die Bestrafung einfach zu gestalten, orientieren wir uns vielfach an der Frage «wo tut es am meisten weh?» anstatt «wie lernt das Kind am effizientesten, sich den sozialen Normen einzufügen?».

Dass ein Verbot die Faszination und Attraktivität eines Objektes steigert, wissen wir aus vielen psychologischen Studien.

Wenn wir also eine Pauschalstrafe in Form von Handyentzug oder Gamekonsolen-Entzug für alle Regelverstösse einführen, vereinfacht dies unser «Regel-Management», ist jedoch pädagogisch nicht empfehlenswert. Dass ein Verbot die Faszination und Attraktivität eines Objektes steigert, wissen wir aus vielen psychologischen Studien. So kann eine Pauschalbestrafung mit Handyentzug das Suchtpotenzial des Handys zusätzlich steigern, da es durch das nicht kausal zusammenhängende Verbot zusätzlich zum Objekt der Begierde wird.

Suchtpotenzial von Geräten nicht unterschätzen

Wenn wir also die Bildschirme oder Gamekonsolen einziehen, sollte dies idealerweise immer in Bezug zu unserer Medienerziehung stehen. Diesbezüglich ist Geräteentzug nicht nur unser Recht, sondern auch unsere Pflicht als Erziehungsberechtigte. Computerspiele, «soziale Medien» und das Handy allgemein haben ein enormes Suchtpotenzial. Neuropsychologische Untersuchungen bestätigen, dass Reize und Impulse aus Videogames den Reizen aus dem realen Leben quasi in nichts nachstehen. Das Lustzentrum (Nuccleus accumbens) des Hirns schüttet bei solchen Reizen Dopamin als Glückshormone aus. Dieses Glücksgefühl wird danach vom Stirnhirn kontrolliert und reguliert.

Da das Stirnhirn erst im erwachsenen Alter ausgewachsen und voll funktionsfähig ist, lassen sich Kinder viel mehr von Glücksgefühlen leiten. Dies wird von den Anbietern «sozialer» Plattformen und Videospielen ausgenützt. Die meisten Produkte werden gratis angeboten, um die Nutzerinnen und Nutzer danach so schnell wie möglich abhängig zu machen.

Spielerisch bleiben

Unterstützen Sie Ihre Kinder beim Suchen von Alternativen zu Bildschirmzeit. Versuchen Sie auch, diese Alternativen besonders attraktiv zu machen. Dies kann durch einfache und spielerische Tricks gelingen; versprechen Sie zum Beispiel, beim Kartenspiel oder Verkleidungsspiel mitzuspielen. Spielerische Elemente in Regeln einzubringen, ist eine hervorragende Taktik, um es einfacher und attraktiver zu machen. Ein geniales Beispiel dieser sogenannten Gamification war das Wort «Triffsch?» auf öffentlichen Abfalleimern in mehreren Zürcher Gemeinden. Mit einem einzigen Wort (das langweilige Anti-Littering-Regeln ersetzte) wurde aus einer erwarteten Haltung ein Spiel.

Vergessen Sie dabei jedoch nie, dass Kinder vor allem spielen wollen und spielen sollen.

Nutzen Sie die Bildschirmzeitdaten der ganzen Familie und schreiben Sie diese auf ein Scoreboard auf dem Kühlschrank. Belohnen Sie die bestgenutzte Bildschirmzeit (dank dem Youtubeclip zum besseren Verständnis, wie man irreguläre französische Verben konjugiert, gab es einen glatten Sechser). Genau wie auch unser Lohn immer mehr von Performance-Indikatoren abhängt, können Sie die Bildschirmzeit-Regel auch direkt vom Spiel abhängig machen (nutzen sie z. B. den FIFA Trainer Modus im Fifa-Spiel, um die darin vorgeschlagene Verbesserung der Passquote anzuwenden).

Vergessen Sie dabei jedoch nie, dass Kinder vor allem spielen wollen und spielen sollen. Nutzen Sie diese kreative Form von Regeln und Belohnungen, um spielerisch in Kontakt zu bleiben. Da es mit zunehmender Zeit schwieriger wird, Regeln einzuhalten, ist es auch empfehlenswert, die Kinder beim Einhalten zu loben. Selbstverständlich sind Regeln immer auch den familiären, individuellen und kulturellen Gegebenheiten anzupassen.

Dieser Artikel ist erstmals im Tages-Anzeiger vom 3. September 2021 erschienen

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Ein Tablet zu Weihnachten?

Wo ich hinschaue, im Tram, im Bus, im Restaurant ? überall begegnen mir Kinder, die am Tablet kleben. Die meisten von ihnen können knapp sprechen. Mich stimmt das traurig, denn ich halte nicht viel davon, ein Kind mit einem Gerät ruhig zu stellen. Nun findet aber mein Mann, dass ich ganz schön veraltete Ansichten vertrete, und möchte unserem Fünfjährigen ein Tablet zu Weihnachten schenken. Durch die frühe Mediennutzung würde unser Sohn kognitive und motorische Fähigkeiten erlernen, die ihm in Zukunft nützlich sein würden, so seine Ansicht. Wie seht ihr das? Leserfrage von Denise (39) aus Zug.

Liebe Denise, machen Sie ? Ihrem fünfjährigen Sohn zuliebe ? alles, um das Tablet-Geschenk so lange wie möglich hinauszuzögern.

Stellen wir uns vor, ich hätte vor dreissig Jahren während der Stosszeit auf dem Paradeplatz auf einem Podest gestanden und den Leuten prophezeit, dass drei Jahrzehnte später, alle Jugendlichen der Schweiz mit einem Fernseher im Hosensack rumlaufen würden, mit dem Sie sämtliche Kanäle der Welt schauen und gleichzeitig ihre Hausaufgaben machen könnten. Und mit dem sie miteinander spielen könnten. Und mit dem die Eltern sie jederzeit orten könnten. Und der auch gleich das Trambillett, den Taschenrechner, die Musiksammlung, das Lexikon und die Fotokamera ersetzt.

Begeisterung für digitale Medien versus Kleinkinderziehung

Meine Chancen auf eine direkte Einweisung in die psychiatrische Klinik wären gross gewesen. Sie haben es bemerkt, die beschriebene Utopie ist zu hundert Prozent unsere Realität. Die schier unendliche Faszination, die wir für leuchtende, flache Vierecke mit ständig ändernden Pixeln entwickelt haben, ist also durchaus berechtigt. Meine Begeisterung für die digitale Technologie hat jedenfalls in all den Jahren an nichts eingebüsst.

Vor 21 Jahren war ich zusammen mit meiner damals schwangeren Lebensgefährtin in einer Ultraschalluntersuchung und habe mit meinem klobigen, aber damals modernsten Handy Tonaufnahmen des schnellen Herzschlags unseres ersten Sohnes gemacht. Noch am gleichen Abend stellte ich die Aufnahme auf eine eigens dazu eingerichtete Webpage, um damit die Tanten, Onkel und zukünftigen Grosseltern in der Schweiz, in Deutschland und in Chile zu beglücken (ich wohnte damals in Kanada).

Wenn Sie mir heute sagen würden, ich hätte eine fahrlässige virtuelle Frühgeburt mit eklatantem Eingriff in die Privatsphäre meines Fötus-Sohnes begangen, dann wäre ich mit Ihnen grösstenteils einverstanden.
Unsere unermessliche Begeisterung für digitale Medien den Bedürfnissen der Kleinkinderziehung und dem körperlichen Entwicklungsprozess gleichzusetzen, ist ein fataler Trugschluss.

Alle Sinne zu trainieren, macht Sinn

Menschliche Intelligenz beruht grösstenteils darin, mit welcher (kognitiven) Kapazität wir «Sinn» aus jeder erdenklichen Situation machen können. Um dies zu erreichen, sind wir wiederum auf unsere fünf klassischen Sinne Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen angewiesen (für die Interessierten: Rudolf Steiner hat in seiner Lehre von 12 Sinnen gesprochen). Wenn also ein einjähriges Kind im Hochstuhl Essen auf den Boden schmeisst, erlernt es nicht nur die verschiedenen Texturen, Temperaturen und Gerüche von Esswaren, sondern hat gerade dazu noch die Gravitationskraft entdeckt. Dazu gibt es keine App.

Hören

Wenn wiederum jugendliche Ohren vorwiegend mit Airpods zugestopft sind, dann gewöhnt sich das Gehör an hoch komprimierte, künstlich zusammengestauchte MP3-Frequenzen und verlernt allmählich (oder, schlimmer noch, erlernt gar nie) das Hören des menschenmöglichen Hörspektrums.

Sehen

Wenn von Geburt an neugierige Augen dazu trainiert und erzogen werden, stundenlang auf kleine, leuchtende Vierecke zu starren, dann zieht dies unweigerlich eine Verkümmerung des Sehvermögens nach sich. Dies ist übrigens der Grund, weshalb in japanischen und südkoreanischen Grundschulen die Kinder während der Pause die Landschaft beobachten müssen ? um die durch Bildschirme vernachlässigte Weitsicht zu trainieren.

Fühlen

Das Fühlerlebnis eines Tablet-Kindes wird auf monotones Bildschirmstreicheln reduziert, während möglichst variantenreiche und differenzierte Berührungen mit Händen und Füssen bis ins hohe Kindesalter essenziell für die Ausprägung der Grob- und Feinmotorik sind.

Riechen

Den Geruchs- und Geschmackssinn setzen wir gänzlich der Verkümmerung aus, da es bis heute noch nicht gelungen ist, digitale «Geschmacksdrucker» mit verschiedenen, sich dynamisch vermischenden Duftpatronen auf den Markt zu bringen.

Echtes Erleben fördern

So ist es kaum erstaunlich, dass das sensorielle Erlebnis (und die damit verbundene frühkindliche Entwicklung) durch übermässigen Bildschirmkonsum geradezu verkrüppelt.

Die Zukunft wird uns sagen, ob die unbestritten interessanten und neuen kognitiven Fähigkeiten des Multitaskings und Echtzeit-Verarbeitens von Unmengen von Inhalten den Verlust von echtem Erleben wettmachen kann. Ich wage, dies lautstark zu bezweifeln, will aber nichts behaupten. Bei der Eröffnung der ersten Bahnstrecke der Schweiz von Zürich nach Baden im Jahre 1847 gab es einen Facharzt, der ein unwillkürliches Verderben des menschlichen Gehirnes voraussagte, provoziert durch die mit dreissig Stundenkilometer vorbeirauschende Landschaft.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Bildschirmabstinenz soll und kann nicht das Ziel sein, zumindest nicht ab vier Jahren. Als ich jedoch kürzlich in einem Zürcher Gymnasium den Schülerinnen und Schüler die Frage stellte, was sie im Umgang mit digitalen Medien beunruhigt oder ihnen Angst macht, kam folgende Antwort: «Nicht mehr persönlich mit Leuten zu reden. Nichts mehr persönlich zu erleben». Ein tiefer Einblick in die Sorgen eines Screenagers, der die langfristigen Gefahren der digitalen Welt erkannt hat.

Oder noch besser, liebe Leserinnen und Leser: Teilen Sie Ihre kreativen Bildschirm-Alternativen gleich in der Kommentarfunktion unten und beweisen Sie uns allen, dass zumindest die letzten drei Minuten nützlich waren, um einen kollektiven Akt von Kreativität auszulösen.

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Bildschirmzeit für Eltern

Brauchen auch Eltern feste Bildschirmzeiten?

Netflix schauen während dem Stillen und auf dem Spielplatz kurz auf Insta: Worauf Eltern als Vorbilder achten sollten.

Liebes Mamablog-Team, immer wieder lese ich in letzter Zeit, dass wir als Eltern schon möglichst früh darauf achten sollten, das Handy nicht ständig zu benutzen. Beziehungsweise, dass sich unser Auf-den-Bildschirm-Starren bereits negativ auf Babys und Kleinkinder auswirken kann. Gibt es dafür Belege? Denn ich muss zugeben: Seit meine Tochter vor acht Monaten auf die Welt gekommen ist, ist mein Handykonsum bestimmt nicht weniger geworden. Beispielsweise habe ich auch während dem Stillen die Zeit genutzt, um kurz bei Insta vorbeizuschauen oder auch mal eine Serie auf Netflix zu schauen. War ich ihr damit bereits ein schlechtes Vorbild? Leserfrage von Vanja

Liebe Vanja, danke für Ihre Frage. Es ist tatsächlich so, dass Eltern immer besser und kompetenter darin werden, die Bildschirmzeit der Kinder zu kontrollieren. Viele Apps stehen zur Beschränkung und Überwachung der Bildschirmnutzung zur Verfügung (Temps d'écran heisst die native App von Apple, Digital Wellbeing diejenige von Google). Um Nutzungsverträge zwischen Eltern und Kinder zu erstellen, empfehle ich die Webseite mediennutzungsvertrag.de, mit der Sie im Handumdrehen einen fairen und gegenseitig verbindlichen Vertrag erstellen können.

Es geht um die Qualität von Aufmerksamkeit

Doch wie sieht es eigentlich mit unserer elterlichen Vorbildrolle aus? Im Vergleich zu den immer zahlreicheren technologischen Kontrollmöglichkeiten von Eltern (böse Zungen behaupten, das Geschäftsmodell von Silicon Valley beruhe darauf, selbst geschaffene Probleme zu lösen), gibt es zum Thema elterliche Vorbildfunktion kaum wissenschaftliche Erkenntnisse oder gar Apps.

In der Forschung spricht man häufig von «Technoference» und von «Phubbing». «Technoference» kommt von «Technological Interference» und beschreibt die Unterbrechung eines menschlichen Kontaktes durch die meist impulsive Nutzung von Bildschirmmedien. Auch «Phubbing» ist eine moderne Fusion der englischen Wörter «Phone» und «Snubbing» (brüskieren, verächtlich behandeln, vor den Kopf stossen). Beide Begriffe stehen also für einen zumeist bewussten Vorzug des Handys gegenüber einer aktuellen, persönlichen Interaktion. Wir sprechen hier von den zahllosen «ich chume grad», «wart schnäll», die wir uns als Antwort von beschäftigten «Screenagern» gewohnt sind.

Widerstehen Sie dem Bildschirm und lassen Sie Ihr Kind das Tal der Langeweile alleine durchschreiten.

Inwieweit dieses Verhalten einem von uns Eltern vorgelebten Lebensstil nachahmt, ist die Kernfrage eines noch sehr jungen Forschungszweiges, dem sich auch Eva Unternährer von den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel widmet. Es geht grundsätzlich nicht nur um einen bewussten Gebrauch unserer Aufmerksamkeit, sondern explizit auch um die Qualität der Aufmerksamkeit zwischen Eltern und Kindern.

Ein Kleinkind spürt schon sehr früh, ob ein «Wow, so schön!» der Eltern als Reaktion von infantilem Gekritzel ernst gemeint ist oder nicht. Zunehmende Evidenz von Forschungen bestätigen, dass ein regelmässiges «Phubbing» von Eltern einen negativen Einfluss auf die Eltern-Kind-Beziehung hat. So kann diese Beziehung sowie auch das Selbstwertgefühl von Kindern durch anhaltende «Technoference» geschwächt werden. Dies wiederum kann einen erhöhten Medienkonsum zur Folge haben und somit zu einem intergenerationellen Teufelskreis werden. Die Mechanismen, welche hier eine Rolle spielen, sind jedoch noch weitgehend ungeklärt und werden aktuell von Eva Unternährer und ihrem Team erforscht.

Drei Kategorien von Medienerziehung

Die allermeisten Eltern wollen nur das Beste für die Kinder und wollen sie auch so heil wie möglich durch den Dschungel der digitalen Medien führen. Man unterscheidet hier zwischen drei Kategorien elterlicher Medienerziehung. In der aktiven Mediation wird die kritische Auseinandersetzung von Mediennutzung und Inhalten betrieben. Heisst: Mami und Papi interessieren sich für «soziale» Medien und Games, stellen neutrale Fragen an die Kinder und erzeugen so gegenseitig konstruktive Diskussionen. Die zweite Kategorie ist das Co-Viewing, wo gemeinsame Bildschirmzeit verbracht wird und elterliches Eingreifen nur stattfindet, wenn es Zeit fürs Bett ist oder wenn nicht altersgerechte Inhalte konsumiert werden. Die dritte Kategorie aus der Sicht der Forschung ist die restriktive Mediation, wo der Zugang zu Bildschirmmedien entweder technisch oder mit verbindlichen Richtlinien geregelt ist.

Soviel zur aktuellen Lage der Forschung. Erfahrungsgemäss liegt es an uns Eltern, den für unsere Familie besten Mix der drei Kategorien zu finden. Unterschätzen Sie dabei nie Ihre eigene Medienkompetenz, die vom Bauchgefühl oder vom gesunden Menschenverstand kommt.

Denken Sie auch an die digitale Hygiene

Wir sind als Gesellschaft einer ungeheuerlichen Explosion von Informationen ausgesetzt, vor der wir uns einzig mit einem umsichtigen Umgang mit unserer eigenen Aufmerksamkeit schützen können. Ein Tipp: Führen Sie zum schon bestens eingeübten Händewaschen vor dem Essen auch digitale Hygieneregeln ein. Handys (auch diejenigen von uns Eltern) sollten am besten ausser Reich-, Sicht- und Hörweite sein, wenn wir Zeit mit unseren Liebsten verbringen möchten. Und die digitale Hygiene sollte der Körperhygiene in nichts nachstehen. Dies hilft uns modernen Eltern in unserer Vorbildfunktion als Aufmerksamkeitsmanager.

Gleichzeitig gibt es nichts Verwerfliches, wenn Sie Ihren Hochzeitstag im Lieblingsrestaurants feiern und dabei Ihr Kind bewusst mit Tablet und Kopfhörern «ruhigstellen». Dies sollte jedoch vorgängig erst unter Eltern und dann auch mit dem Kind besprochen und als Ausnahme deklariert werden.

Anders ist es, wenn wir uns selbst beim Aushändigen von Handys und Tablets ertappen, um dem notorischen «aber ich weiss nöd was mache» entgegenzuwirken. Hier will das Kind vielfach nicht nur unsere totale Aufmerksamkeit, sondern auch unsere Rolle als Animatoren. Falls wir weder Zeit noch Lust haben, in eine solche Rollen zu schlüpfen (was ab und zu total okay ist), dann sollten wir im gleichen Zug auch die Akzeptanz der Langeweile mitnehmen. Widerstehen Sie dem Bildschirm und lassen Sie Ihr Kind das Tal der Langeweile alleine durchschreiten ? denn es ist das Vorzimmer der Kreativität. Die inneren Bilder ihres Kindes werden wach und die tollsten Ideen, Spiele und Kreationen entstehen.

Die Kunst und individuelle Herausforderung liegt also darin, die für uns wie auch für unsere Kinder ideale Bildschirmzeit zu finden, die uns weiterbringt und inspiriert, jedoch unsere eigene Imagination nicht unterdrückt. Probieren Sie dies doch einfach auch selbst wieder einmal aus.

Falls Sie interessiert sind, an vorderster Front der Medienerziehungsforschung mitzumachen und Kinder zwischen 2 bis 16 haben, können Sie an dieser Studie der Universität Basel mitmachen.

Dieser Artikel ist erstmals im Tages-Anzeiger erschienen am 09.07.2021, 05:30

Brauchen auch Eltern feste Bildschirmzeiten? Lire la suite »

Was Eltern über TikTok wissen sollten

Ich war ja ohnehin schon ziemlich skeptisch gegenüber TikTok eingestellt, da unsere Zwölfjährige meiner Ansicht nach zu viel Zeit mit dieser App verbringt. Der Feed ist ja quasi endlos und inszenieren tun sich vorwiegend Menschen mit einem besonders grossen Geltungsdrang und sehr bescheidenen Talenten, nicht?

Als ich nun noch gelesen habe, dass TikTok beispielsweise schwul-lesbische Inhalte blockiert und kaum etwas für den Jugendschutz tut, nervt mich das Ganze noch mehr. Was muss man als Eltern sonst noch über TikTok wissen? Leserfrage von Denise aus Kloten

Liebe Denise, TikTok ist in der Tat die zurzeit trendigste soziale Plattform für Kinder und Jugendliche in der Schweiz wie auch weltweit. Obwohl die Altersbegrenzung ab 13 Jahren ist, wird die Plattform auch von jüngeren Kindern rege benutzt. Unter den zwölf- bis neunzehnjährigen Schweizer Jugendlichen benutzen über die Hälfte mehrmals wöchentlich TikTok. Nur Instagram, Snapchat und WhatsApp sind noch beliebter. Falls der Trend von TikTok anhält (alles deutet momentan darauf hin), könnte TikTok schon bald zur meistgenutzten App von Schweizer Jugendlichen werden.

Zuerst unter dem Namen Musica.ly gegründet, erlaubte die App das Kreieren von 15-30 Sekunden Lip synch (Lippensynchronisation), Videoszenen mit bekannten Songs. 2018 wurde Musical.ly in die TikTok-App integriert. Diese wird momentan in 150 Ländern von über einer Milliarde Menschen benutzt. Ich möchte in diesem Artikel weniger auf die vielen Features der Plattform eingehen (dazu gibt es viele Youtube Videos), sondern mich auf die Chancen und Risiken in der Medienerziehung konzentrieren.

Kreativität als Chance

TikTok ist gerade für Jugendliche sehr einfach zu benutzen und erlaubt es, innert Kürze coole Videos zu erstellen. Dazu stehen unzählige Effekte und Filter zur Verfügung. Auch Hintergrundfarben und Texte können den Videokreationen nachträglich beigefügt werden. Videos können verlangsamt oder auch im Zeitraffer publiziert werden. Auch Fotogalerien können musikalisch unterstützt zu Videos verarbeitet werden, sodass der Fantasie und Videokunst der Jugendlichen keine Grenzen gesetzt sind.

Jugendliche, die TikTok aktiv und kreativ nutzen, lernen dabei spielerisch, wie man attraktive Videoszenen erstellt. Sie müssen sich die Szenen ausdenken, sich organisieren, einüben und dann filmen. Zum organisatorischen Teil gehören auch die Requisiten, die für die ausgedachte Szene gesucht und ausgewählt werden müssen. Auch strategische Überlegungen hinsichtlich des Zielpublikums sind notwendig. Ist die Szene einmal gefilmt, vielfach erst nach Dutzenden von Drehversuchen, ist es wiederum den kleinen Realisatoren überlassen, mit welchen Post-Production-Sounds, Effekten und Texten die Szene ausgestattet wird, um die erhoffte Wirkung zu erzielen.

Kurz gesagt, TikTok ist eine unwahrscheinlich attraktive Plattform, die es Kindern und Jugendlichen erlaubt, ihre Kreativität voll auszuleben, dabei ihre Videoproduktionstalente selbst zu entdecken und ständig weiterzuentwickeln. Da sich diese äusserst leistungsfähige Videoproduktionsmaschine gratis direkt in 99 Prozent der Hosentaschen unserer Jugendlichen installieren lässt, sollte es uns auch nicht überraschen, dass dessen Nutzungsdauer und Frequenz gerade in Lockdown-Zeiten rasant in die Höhe geschnellt ist. Als Eltern sollten wir an dieser Stelle die technologisch hoch komplexe Plattform entsprechend würdigen und TikTok als kreativitätsfördernde und multimediale Lernstätte loben.

Vermeiden Sie, die Plattform pauschal zu verdammen oder zu ächten, nur weil es leider auch möglich ist, neonazistische Inhalte, Suizid-Aufforderungen oder Folterszenen hochzuladen. Mit der gleichen Argumentation müssten wir sofort sämtliche Sandkästen auf öffentlichen Spielplätzen schliessen, da man in solchen Einrichtungen ja auch Tretminen und vergiftete «Schleckstengel» verstecken könnte.

Die Pille gegen Langeweile

Die Millionen von nutzergenerierten Videoclips sind verständlicherweise ein unersättliches Reservoir an Unterhaltung, um möglichst jeden vermeintlich toten Moment zu vermeiden. Stellen wir uns eine immer volle Packung an Gummibärchen vor, bei der wiederum jedes Gummibärchen ein 15-sekundenlanges TikTok-Video repräsentiert. Ja, auch die Nährwerte sind vergleichbar.

Die TikTok-Algorithmen finden innert weniger Minuten heraus, welche Gummibärchen ihrem Kind am besten schmecken und füttern es dann Tag und Nacht. Einen «jetzt isch gnueg!»-Reflex bei den Gummibärchen empfinden wir als natürlich. Bei TikTok sollte sich dieser genauso selbstverständlich einstellen, was er aber häufig nicht tut. Nutzen Sie daher unbedingt das Bildschirmzeit-Management und die Inhaltsfilterfunktionen der App (Sektion Digital Wellbeing).

Viele Jugendliche bestätigen mir zudem, dass sie TikTok als puren Zeitvertreib und als Prävention gegen Langeweile nutzen. Während den Gesprächen mit Jugendlichen realisieren sie oft, dass ebendiese Langeweile eine Grundbedingung für ihre eigene Kreativität ist.

Zehn Mal mehr Konsumenten als Produzenten

Das Verhältnis zwischen kreativen Videoproduzentinnen und passiven Videokonsumenten ist ähnlich gelagert wie bei Youtube oder anderen Plattformen und liegt bei etwa 10:1. Das heisst, auf zehn passive Videoguckerinnen kommt ein Videoproduzent, Tendenz abnehmend. Mit anderen Worten ist es zehn Mal wahrscheinlicher, dass die im ersten Paragrafen hochgelobte Brutstätte der Kreativität in Realität eine endlose Schleuder von raffiniert ausgewählten Inhalten ist, um ihr Kind so lange wie möglich vor dem Bildschirm zu halten.

Ohne elterliche Unterstützung sind Kinder also dem Sog der perfekt abgestimmten Videolawine hilflos ausgesetzt. Wer in den Nutzungsbedingungen von TikTok Hilfe sucht, wird unter anderem mit diesen ernüchternden Worten empfangen:

Sie betrachten die Inhalte auf eigene Gefahr. Die Inhalte unserer Dienste werden ausschliesslich zur allgemeinen Information bereitgestellt. Sie sind nicht als Beratung gedacht, auf die Sie sich verlassen dürfen. Bevor Sie auf der Grundlage der Inhalte der Dienste Massnahmen ergreifen oder unterlassen, müssen Sie eine professionelle oder fachkundige Beratung in Anspruch nehmen.

Nutzung auf eigene Gefahr

Es ist sicher von Bedeutung, dass TikTok als einzige der global grössten «sozialen» Plattformen einer chinesischen Firma gehört. Mit einer ernüchternden Selbstverständlichkeit haben wir uns längst damit abgefunden, unsere Daten mit US-amerikanischen Unternehmen zu teilen. Dies, obwohl wir grösstenteils weder über die technischen Kompetenzen noch über das Vorstellungsvermögen verfügen, wer was wann und wo mit diesen Daten anstellt.

TikTok gehört der Firma Bytedance mit Sitz in Peking. Die Firma hat rund 60’000 Mitarbeitende und erzielt über zwanzig Milliarden Dollar Jahresumsatz. Da jede chinesische Firma dieser Grösse der kommunistischen Partei einen internen Sitz zur Verfügung stellen muss, muss davon ausgegangen werden, dass die Daten systematisch zu politischen Zwecken genutzt werden. So finden wir auch folgenden Satz in den Nutzungsbestimmungen von TikTok: Sie verzichten weiter (soweit gesetzlich zulässig) im Zusammenhang mit Ihren Nutzerinhalten oder Teilen davon auf alle Rechte auf Privatsphäre, Persönlichkeitsrechte oder andere Rechte ähnlicher Art.

In diesem Sommer wurden die Nutzungsbestimmungen in den USA übrigens so angepasst, dass TikTok auch biometrische Daten wie Gesichtserkennung und Stimmerkennung auswerten kann. Angesichts des Sozialkreditsystems, mit dem die chinesische Regierung ihre Bevölkerung durch totale Überwachung in ein Punktesystem einbindet, müssen wir unbedingt hellhörig werden. Ein komplettes Löschen der App ist leider das einzige Mittel zur Abwehr.

Dieser Artikel wurde erstmals im Tages-Anzeiger vom 29. Oktober publiziert.

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Imagerie

Medienkompetenz Lektion für Sekundarschüler

Schau Dir das untenstehende Bild genau an und beantworte folgende Fragen:

Originalbild vom Tages-Anzeiger, erschienen am 26. März 2021
  1. Wer ist der Mann auf dem Bild und wo befindet er sich?
  2. Was bedeutet die gelbe Linie?
  3. Warum ist die gelbe Linie gestrichelt am rechten Ende?
  4. Warum fehlt jegliche Information zu den beiden Achsen x und y?
  5. Wie wurde das Hintergrundbild gewählt und geframt (zugeschnitten)?
  6. Wie wurde das Hintergrundbild farblich verändert?
  7. Wie wirkt das Gesamtbild auf Dich?
  8. Was wollte der oder die DesignerIn mit dem Bild bewirken?

Nachdem Du die Fragen beantwortet hast, schaue Dir diese zweite Bild bzw. die Grafik an. Die Daten der Grafik stammen vom Bundesamt für Gesundheit und wurden am selben Tag, dem 26. März 2021, zu dieser Grafik verarbeitet.

Corona Todesfälle in der Schweiz gemäss Bundesamt für Gesundheit BAG, 26. März 2021
  1. Was für generelle, formliche und inhaltliche Unterschiede stellst Du fest zwischen dem ersten und dem zweiten Bild?
  2. Welches der beiden Bilder ist faktisch mehr aussagekräftig?
  3. Welches der beiden Bilder macht mehr Angst?

Diskussion:

Bildet Gruppen von 5 Schülerinnen und Schüler und spielt einen Redaktionssaal mit vier Journalisten und einem Chef-Redaktor. Die ersten zwei Journalisten müssen dem Chef-Redaktor/der Chef-Redaktorin das erste Bild zur Publikation empfehlen und die beiden anderen machen sich fürs zweite Bild stark. Der/die Chef-RedaktorIn muss sich für ein Bild entscheiden und den Entscheid begründen.

Viel Spass.

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«Isch er nöd en Schnügel?»

Einige Eltern kennen beim «Sharenting» kaum Grenzen. Hier sind Gründe, warum sie das Posten von Kinderbildern besser lassen sollten.

Liebes Mamablog-Team, seit meine Schwester vor drei Jahren Mutter geworden ist, postet sie beinahe täglich Bilder ihrer Tochter auf Social Media: Ihre Tochter beim Mittagsschlaf, beim Essen, auf dem Laufrad, im Schnee ? selbst beim Zähneputzen wird sie gezeigt. Ich finde, sie geht damit einen Schritt zu weit (was ich ihr auch sage). Ihre Kleine hat ja überhaupt keine Chance, «Nein» zu sagen. Was, wenn ihr die Bilder später peinlich sind? Gibt es denn überhaupt keine gesetzliche Handhabung, die Kinder davor schützen, sie auf Social Media zu «inszenieren»?
Leserfrage von Laura, 37 aus Zürich.

Liebe Lara, besten Dank für Ihre gute Frage. Um die kurze Antwort gleich vorweg zu nehmen: Ja, es gibt ein Gesetz zum Schutz der Privatsphäre von Kindern. Die UN-Kinderrechtskonvention feierte soeben ihr dreissigjähriges Bestehen und gilt auch für die Schweiz. Darin ist in Artikel 16 festgelegt, dass kein Kind «willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung oder seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden darf». Kinder sind übrigens Menschen von null bis 18 Jahren. Soweit mal zum rein Juristischen.

Natürlich ist die Lage um einiges komplexer.

Es gehört nun mal zum Elternsein, dass wir auf unsere Sprösslinge stolz sind. Und dies gilt noch viel mehr für First-Time-Parents. Ich war felsenfest überzeugt, dass unser Erstgeborener mit grösster Wahrscheinlichkeit das schönste Kind ist, zumindest westlich vom Kaukasus, das je geboren wurde. Ich führte sogar eine Excel-Tabelle mit den Messdaten des Kopfumfangs und der Grösse unseres Sprösslings, um mich zu vergewissern, dass das Wachstum unseres kleinen Wunders perfekt proportional verläuft. Zwei Jahre später, nach der Geburt unserer Tochter, haben wir sie beiläufig und anstandshalber zweimal auf der Gemüsewaage bei der Italienerin im Quartier gewogen. Soweit zu unserer unausweichlichen und wahrscheinlich angeborenen Blindheit für jegliche Objektivität, solange wir im Banne unseres Nachwuchses stehen.

Elternstolz will geliked sein

Demgegenüber steht die soziale Norm, die es einem schlichtweg verbietet, ganz ehrliche Antworten auf Babyfotos zu geben. Wer hat schon jemals ein «Nein, wirklich nicht!» als Antwort gegeben, als ihr ein Smartphone mit Babyfotos und der obligatorischen «Isch er nöd en Schnüggel»-Tonspur unter die Nase gehalten wurde? Elternstolz ist also so natürlich wie die gesuchte Anerkennung im Freundeskreis über unsere freudigen Sprösslinge.

Die Kombination von hochauflösenden Smartphonekameras, 24/7-Internetzugriff und «sozialen Plattformen» ist hier quasi die ultimative Waffe, die uns Eltern eine Hebelwirkung bietet in unserem vorprogrammierten Sammeleifer von «jöö-so-herzig»-Bestätigungen. Wir wollen alle geliked werden und Babyfotos gehören nun mal zu den effizientesten Strategien, um Aufmerksamkeit und Sympathien zu generieren. Da das ganze Business-Modell der «sozialen» Medien darauf beruht, unser menschliches Grundbedürfnis der sozialen Anerkennung auszunutzen und zu monetisieren, ist es für uns fast unmöglich, der Versuchung zu widerstehen.

Gefährlicher digitaler Footprint

Das neue Phänomen von teilfreudigen Eltern nennt sich «Sharenting». Die Problematik liegt darin, dass wir Eltern die Lebensnarration unserer Sprösslinge wortwörtlich aufgleisen und online zementieren, lange bevor sie sich ihre eigene Identität bilden. Getrieben von unserem eigenen Bedürfnis, geliked zu werden, erfinden, erzählen und verkaufen wir die Geschichte unserer Kinder, ohne sie zu fragen. Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass unser Sorgerecht uns die Freiheit gibt, die Privatsphäre des Kindes frei zu gestalten, zumal es noch zu jung ist, sich zu wehren ? geschweige denn, die längerfristigen Konsequenzen zu verstehen.

So kann aus der herzig verzerrten Grimasse eines Kleinkindes plötzlich eine Mobbing-Vorlage in der Sekundarstufe werden.

Es kommt immer öfters vor, dass Teenager dem von uns Eltern vorgegebenen digitalen Fussabdruck nicht folgen wollen, können oder mögen. Dies führt unweigerlich zu schwierigen Fragen, gefolgt von peinlichen Erklärungsversuchen und Unstimmigkeiten. Jugendliche, die ihre eigenen Eltern wegen Missachtung ihrer Privatsphäre eingeklagt haben, gab es bisher nur aus mangelnder gesetzlicher Grundlage nicht. Es ist jedoch ein ungeschriebenes Gesetz, dass jeder digitale Inhalt irgendwann, irgendwo von irgendwem aus dem Kontext gezogen wird und anders interpretiert werden kann. So kann aus der herzig verzerrten Grimasse eines Kleinkindes (geschweige denn Fötelis mit Windeln in verschiedenen Abnutzungsstufen) plötzlich eine Mobbing-Vorlage in der Sekundarstufe werden. Einmal im Netz, immer im Netz.

Passwort geschützte Familienalben als Alternative

Eine generelle Datensparsamkeit ist sicher vorteilhaft ? sowohl für uns Eltern, als auch für unsere Kinder. Gemäss einer englischen Studie werden im Durchschnitt 1500 Fötelis von den eigenen Kids gepostet, bevor diese fünf Jahre alt sind.

Es ist empfehlenswert, dass wir unsere Kinder so früh wie möglich um ihre Einwilligung fragen, bevor wir drauflosposten. Und wie wäre es, wenn wir gänzlich aufs öffentliche Posten verzichteten, solange wir den Kindern die Konsequenzen nicht erklären können bzw. letztere sie noch nicht verstehen können? Online Familienalben sind genial, gehören aber generell Passwort geschützt. Unsere Zoom-Familien-Weihnachten zwischen Chile, Kanada und der Schweiz war übrigens ein Riesenerfolg. Drei Generationen scrollten zusammen durch das digitale Familienfotoarchiv, was uns die trübe
COVID-Abstandsrealität für einen Moment gänzlich vergessen liess.

Dieser Artikel wurde erstmals im Tages-Anzeiger vom 15. Januar 2021 publiziert.

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Foto: fran_kie/shuttersock.com

Das Schulbeispiel

Wer Manipulation und Volksverdummung systematisch erlernen wollte, könnte die Inszenierung der Coronakrise als Vorlage nehmen.

von Susanne Begerow

Erzeugen Sie Angst. Bauen Sie sozialen Druck auf, indem Sie die Menschen dazu bringen, sich gegenseitig zu bespitzeln und im Sinne der Regierungslinie zu maßregeln. Sorgen Sie ? bei Wahrung des Anscheins von Pressefreiheit ? dafür, dass die Menschen auf allen Kanälen nur Ihre Meinung serviert bekommen. Bewerfen Sie Abweichler systematisch mit Schmutz und setzen Sie Proteste gegen Ihre Politik in einen Kontext, der kritische Menschen davon abhält, sich ihnen anzuschließen. Es gibt ja offiziell keine Schule für angehende Diktatoren. Gäbe es eine, so fänden künftige Zöglinge die Ereignisse im Deutschland des Jahres 2020 als idealen Lernstoff vor. Hier wurde und wird einem Land besonders rasch und stringent ein System übergestülpt, von dem sich die Deutschen eigentlich nie wieder einwickeln lassen wollten. Eine Psychologin prangert in diesem Artikel den Missbrauch ihres Fachgebiets zu Manipulation der Massen an.

Die Gedanken sind frei. So dichtete und sang man im 19. Jahrhundert. Selbst im Mittelalter schrieb ein Freigeist: ?Das Band kann niemand finden, das meine Gedanken bindet? (Freidank, 1229).

Der Wunsch nach Selbstbestimmung im Denken ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst ? doch ebenso alt ist das konkurrierende Bedürfnis, andere Menschen zu etwas zu bewegen, das vorrangig den eigenen Interessen dient. Zwang ist an dieser Stelle eine Methode, die immer nur begrenzte Wirkung hat, bis der Freiheitsdrang beim Gegenüber wieder obsiegt. Die klügsten unter unseren Ahnen machten sich also auf die Suche, ob es nicht doch ein Band gäbe, das Gedanken zu binden und zu ihren Gunsten zu formen in der Lage sein könnte: Sie fanden eine Vielzahl von Fäden, aus denen Bänder, Seile und Netze gesponnen werden konnten ? die Meinungsmanipulation entwickelte sich und dies tut sie bis heute.

Vorbemerkung

Bevor wir einige dieser Bänder näher betrachten, um uns nicht damit einwickeln zu lassen, eine Begriffsbestimmung: Von Manipulation sprechen wir, wenn verdeckte Interessen mit undurchschaubaren Mitteln durchgesetzt werden, um damit Kontrolle über andere Menschen zu gewinnen, sie in eine gewünschte Richtung zu beeinflussen (Motive: Lenkung, Kontrolle, Macht). Im Folgenden möchte ich exemplarisch einige Techniken zur Kenntnis bringen, vielleicht kommt Ihnen davon verschiedenes bekannt vor.

Erzeugung von Angst

?Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache. Es funktioniert bis zu dem Zeitpunkt, wo du aufstehst, um eine Rede zu halten? (Mark Twain).

Sie kennen es vielleicht von Prüfungen: Daheim unter entspannten Bedingungen funktionierte das Gehirn noch prächtig, alle Gedanken wohlsortiert und abrufbar, dann in der Prüfung unter Stress und Angst vor Versagen der Blackout (oder zumindest nur unvollständig abrufbares Wissen und Denken).

Unter Angst starren wir wie das Kaninchen auf die Schlange, bekommen einen Tunnelblick, das Gehirn ist basal auf Kampf oder Flucht, nicht auf komplexe Sachverhalte und Fragestellungen geschaltet.

Das war zum Überleben genau richtig. Wenn wir nun eine Gefahr suggeriert bekommen, beispielsweise eine Pandemie, dann löst dies noch immer diese alten Muster aus: Wir reduzieren und verengen unsere Funktionen des Denkens und Wahrnehmens selektiv auf das, was unmittelbar mit der Gefahr verbunden ist und sind gleichzeitig extrem empfänglich für das, was uns Sicherheit verspricht.

Wie stark dieses Mittel wirkt, wissen auch alle Eltern, die schon einmal mit Knecht Ruprecht oder anderen bösen Gesellen gedroht haben, sofern die Kinder noch daran glauben: Das Verhalten verändert sich meist sofort in die gewünschte Richtung, sofern der Spannungsbogen aufrecht erhalten werden kann. Was erleben wir momentan? Zunächst ein Blick auf die Tendenz in der Prägung der Wortwahl.

Warnung, Gefahr, Risiken, Killer-Virus, Tote, Krieg, Infizierte, überschrittene Grenzwerte, schwere Verläufe, Langzeit-Schäden ? diese Worte werden in Hochfrequenz an uns gerichtet von morgens bis abends. Zu jeder Stunde in jedem Medium wird Gefahr suggeriert, es gibt fast nur Steigerungen, neue Hiobsbotschaften, fast nie Entwarnungen. Die Botschaften werden maximal emotional aufgeladen, Zwischentöne, Abstufungen, Relativierungen bekommen wenig Raum. Dies wird noch in der suggestiven Wirksamkeit gesteigert durch die passend gestalteten Bilder.

Bilder aktivieren archaische Hirnstrukturen, die dem Angstzentrum noch näher sind als das Sprachverständnis. Die Bilder der Särge und Versorgungszelte triggern extrem unsere Furcht und auf sie wird in Diskussionen regelmäßig Bezug genommen, wenn ein kritisches Sachargument gebracht wird (andere Studien, andere Zahlen et cetera), meist genügt dann schon ein Hinweis wie ?Aber die Bilder aus xy…?, um von der rationalen Sachebene wieder in den Angst-Modus zurück zu führen.

Dies ist der Mechanismus, der konzeptuell auch Gräuelpropaganda zugrunde liegt: Extreme Ereignisse werden hervorgehoben (Cherry picking), aus dem Zusammenhang gerissen (Dekontextualisierung), einseitig dargestellt (Verzerrung). Aus der Kriegspropaganda ist das hinlänglich bekannt, auch der Aufbau eines Feindbildes fördert den inneren Zusammenhalt, womit unser Gehorsam, unsere Konformität gesteigert wird.

Zu Angst induzierenden Worten und Bildern kommen praktische Maßnahmen hinzu: Schließungen des Lockdowns, Polizeieinsätze, Bußgelder, Hausdurchsuchungen, Sirenen des bundesweiten Warntags, die Masken als ständige Erinnerung an die allgegenwärtige Lebensgefahr und so weiter. Gleichzeitig wird das Verhalten behindert, das dem Menschen seit Anbeginn seine Angst nimmt oder verringert ? die Nähe zu seinen Mitmenschen. Das Social Distancing ist psychologisch gesehen völlig gegen unsere menschliche Natur und hochgradig destruktiv. Dass der Mitmensch inzwischen als Bedrohung per se wahrgenommen und gemieden wird, wird ein gesellschaftliches Trauma hinterlassen und verfestigt die Angstspirale massiv.

Aus Angst entsteht oft Aggression, da jemand, der sich bedroht fühlt, den Angriff als Verteidigung deutet. Solche Angriffe können körperlich sein; aber auch verbale Aggressionen (?Covidiot?) erzeugen wieder neue Ängste, es entsteht ein sich wechselseitig verstärkender Prozess. Der zunehmend aggressive Ton in allen Bereichen fördert das bestehende Klima der Furcht und Spaltung, unser Denken, Urteilen und Wahrnehmen wird immer beschränkter. Was machen Sie derzeit zu Ihrer Entängstigung jenseits der Hygiene-Empfehlungen?

Aufbau von sozialem Druck

Haben Sie einmal versucht, ohne Maske einkaufen zu gehen? Sie könnten staunen, was Ihnen begegnet in den Mitmenschen: Argwohn, Feindseligkeit, Angst, Anfeindung bis zum blanken Hass. Durch die beschriebene Erzeugung von Angst um das eigene Leben und die Unversehrtheit funktioniert die soziale Kontrolle in erschreckendem Ausmaß. Die Polizei konnte die Anzeigen von Verstößen gegen Hygienemaßnahmen kaum noch bewältigen, die Denunziation im Gewand der Moral bordete über in einem online-Formular zur Meldung von Verstößen.

Im Arbeitskontext ist der Arbeitgeber zur Maßnahmen-Durchsetzung gezwungen mit existenzvernichtenden Strafen, der kollegiale Druck ist enorm, besonders wenn Verantwortung für Kinder, Kranke, Senioren und anderes mehr zusätzlich ins Spiel kommt. Der Druck von Kunden/Auftraggebern kann ebenfalls existenziell vernichtend werden. Die Anpassung durch den Druck, manchmal auch nur aus Rücksichtnahme und der Sorge um andere, ist immens und erreicht sogar die rebellischsten Randgruppen bis zu Punks und Anarchisten.

Was geschieht hier psychologisch? Es trifft wieder unsere archaischsten Strukturen:

Der Ausschluss aus der Gruppe war früher ein Todesurteil für den Betroffenen, den der Säbelzahntiger an der nächsten Ecke geholt hätte. Daher ist die Anpassung an die Gruppe zutiefst in uns als sozialen Wesen angelegt.

Dies wird momentan forciert durch die Berufung auf die Mehrheit und die ?neue Normalität? (Mitläufereffekt). Wir wollen bei den Guten sein, bei der breiten schützenden Masse, nicht im Abseits. In diese Manipulationstechnik gehört auch der Appell an Moral und Patriotismus.

Starke emotionalisierende Worte sind zurzeit extrem beliebt bei allen, die sich beliebt machen wollen: ?Jedes Leben zählt?, ?Wir müssen die Schwächsten schützen?, ?Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes?, ?Verantwortungslosigkeit von Demonstranten? und vieles mehr (Würde, Freiheit, Selbstbestimmung sind derzeit weniger hoch im Kurs dagegen). Wie gehen Sie mit sozialem Druck um, wie halten Sie ihn aus?

Presse und Politik ? Methoden der Manipulation

Vorab eine Frage: Was vermuten Sie, macht es mit der Berichterstattung und Pressefreiheit, wenn 40 Millionen Euro Corona-Presseförderung von der Bundesregierung ausgeschüttet werden? Oder in Summe in den letzten Jahren annähernd 500.000.000? Doch lassen Sie uns auch hier auf die Techniken schauen jenseits dieser Leitmedien-?Rettung? (embedded journalism).

Zensur

?Zu schreiben, während das Zensurschwert an einem Haare über meinem Kopf hängt ? das ist zum Wahnsinnig werden?, schrieb Heinrich Heine bevor er die Konsequenz (Flucht nach Frankreich) zog. So ergeht es vielen Künstlern und Intellektuellen momentan. In sozialen Netzwerken, bei YouTube ? es wird momentan gelöscht wie nie zuvor. Bei YouTube können Sie es an der Zahl der ReUplouds erahnen. Es gehen große Mengen wertvoller sachlicher oft wissenschaftlicher Beiträge verloren, mitsamt unserer Freiheit, daraus eine eigene Meinung zu bilden. Algorithmen arbeiten unsichtbar daran, dass bestimmte Beiträge nur noch schlecht zu finden sind.

Zensur lieg aber auch vor, wenn beispielsweise ein Bestsellerautor den Weg in die öffentlich rechtlichen Medien nicht mehr findet, wie der Ökonom Markus Krall und andere mehr, wenn Künstler wie Dieter Nuhr bedroht werden, wenn wir permanent dieselben Fachleute vorgeführt bekommen und andere diffamiert beziehungsweise ausgegrenzt werden, Amazon den Verkauf eines Buches zuerst ablehnt, das später 200.000 Menschen doch interessiert (?Corona ? Fehlalarm??, Karina Reiss und Sucharit Bhakdi). Dazu kommt eine passiv-aggressive Zensur ? das Totschweigen. Themen werden einfach nicht oder kaum behandelt (Risiken von Impfungen, Studien mit entwarnenden Ergebnissen, vollständige Statistiken und Verlaufskurven et cetera).

Desinformation

Gezielt falsch gesetzte Informationen sind nicht mehr selten, dies gilt Beispielsweise augenfällig für die Berichterstattung über die Demonstrationen, was Art und Zahl der Teilnehmer angeht. Sogar über eine angebliche Auflösung einer Veranstaltung wurde berichtet in einer namenhaften Zeitung, welche unter demselben Link später einen völlig anderen Bericht veröffentlichte. Dieser Technik kommt man momentan noch über den Abgleich mit alternativen Medien auf die Schliche oder indem man sich selbst vor Ort ein Bild macht.

Tatsachenbehauptungen

Ist Ihnen aufgefallen, wie stark betont wird, dass es sich immer um ?Fakten? handelt? Masken schützen kaum (zu Anfang), Masken sind unabdingbar (momentan), die angebliche Übersterblichkeit, der propagierte Erfolg der Maßnahmen und vieles mehr ? auch hier ist die Aggressivität, mit der andere Sichtweisen angegangen werden, beachtenswert.

Alternativlosigkeit

Das Wort der Kanzlerin hat sich inzwischen gut festgesetzt, verspricht uns Sicherheit, Klarheit, die eine und einzige Marschroute. Doch wo ist das maßvolle, verhältnismäßige Abwägen von Kosten und Nutzen verschiedener Optionen geblieben? Was war daran schlecht? Die Notwendigkeit der Corona-Tests, des Lockdowns et cetera ? es ?darf nicht bezweifelt werden?. Fragen und Zweifeln verboten.

Brunnen vergiften

Eine Quelle einer Information wird diffamiert: Hochkarätige Wissenschaftler werden als Verschwörungstheoretiker (Dr. Wolfgang Wodarg, Professor Sucharid Bhakdi et cetera.), erfahrene Praktiker verschiedener Fachgebiete mit abweichenden Meinungen als Covidioten bezeichnet (letzteres gerichtlich als keine Beleidigung bestätigt!).

Verzerrung

Wie aus dem Lehrbuch ist hier die Berichterstattung über die Corona-Demonstrationen. Wer dabei war oder alternative Medien befragt, kann sehen, dass die Leitmedien friedliche, enorm große und von unauffälligen Durchschnittsbürgern geprägte Veranstaltungen zur Unkenntlichkeit entstellen und als von gefährlichen Minderheiten (Faschisten und Verrückte) getragen abbildeten. Von Wortbeiträgen versprengter psychisch auffälliger Demo-Teilnehmer bis zu Bildausschnitten mit dominierenden Reichskriegsflaggen, sogar falsche Meldungen über die Auflösung von Veranstaltungen, die im Nachhinein ?überschrieben? wurden ? diese Methoden wecken bei vielen Menschen, die die DDR noch erlebten, schlimmste Assoziationen.

Halbwahrheiten

Zum Beispiel Übersterblichkeit: Haben Sie einmal auf der Seite des statistischen Bundesamtes die Sterberaten im Jahresverlauf angeschaut? Es gab kurze Zeiträume mit vergleichsweise geringer Übersterblichkeit, dann sogar Untersterblichkeit, insgesamt ist sie absolut durchschnittlich, also ?normal?. Hier wurde das Zeitfenster der Betrachtung manipulativ gewählt, in der Berichterstattung werden nicht die statistisch gemittelten Werte herangezogen, sondern möglichst hohe Ausreißer bei bestimmten Tageswerten.

Framing

Dies meint die Schaffung eines Deutungsrahmens durch Zuordnung positiv bzw. negativ aufgeladener Worte. Die Zweifel an Corona-Maßnahmen werden mit Attributen der Dummheit und Verantwortungslosigkeit verknüpft, die Konformität, der Gehorsam ist klug, rücksichtsvoll, verantwortungsbewusst, solidarisch et cetera. Dies wird wiederholt wie ein Slogan, bis es ?sitzt?.

Ist Ihnen aufgefallen, dass schon ganz früh das Framing der Bürgerrechtler einen festen Kanon hatte: Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, Aluhutträger und Impfgegner.

Abgesehen davon, dass niemand sich mit Vertretern absonderlicher oder zumindest bedenklicher Annahmen über die Welt gemein machen möchte ? also Demokraten es nicht wagen, auf die Straße zu gehen, weil sie ja nicht mit ?denen? in Verbindung gebracht werden möchten: Fällt Ihnen auf, dass bereits ganz am Anfang der Proteste, die ?Impfgegner? Teil des Framings waren? Es gab damals keine Veranlassung dazu ? vom Impfstoff war ja noch gar nicht die Rede.

Das frühe Framing von impfkritischen Menschen und Wissenschaftlern, die die Risiken von Impfungen belegen können, diente dazu, künftige sachkritische Analysen von Impfrisiken im Vorwege schon in die richtige oder rechte Ecke stellen zu können. In unseren Köpfen soll verankert werden:

?Dass die Impfgegner gegen die Corona-Impfung sind, war ja klar ? sie waren ja schon von Anfang an mit den Nazis und den ganzen anderen Idioten auf der Straße unterwegs.?

Agenda Setting

Wie wirkt es bei Ihnen, dass die Leitmedien von morgens bis abends die Corona-Gefahr thematisieren? Die Häufigkeit der Meldungen, die Dramatik der Überschriften? Wer will das und was würde passieren, wenn anderen Themen wieder mehr Aufmerksamkeit zuteil würde, dem wirtschaftlichen Kollaps und dessen Hintergründe zum Beispiel. Eine erdrückende Dominanz eines Themas.

Ad hominem

Ad hominem können Sie zurzeit extrem gut in Fernsehdiskussionen beobachten: Es wird nicht auf das eingebrachte Argument eingegangen, sondern auf Eigenschaften desjenigen, der es brachte (seine Moral, seine Ziele und ähnliches), diese werden dann attackiert.

Berufung auf selektierte Autoritäten

Warum eigentlich nur RKI? Es gab einmal eine Pluralität in der Forschung, Peer Review, bei dem Experten gemeinsam Schwarmintelligenz bildeten. Derzeit gibt es medial fast nur eine Instanz, der Gültigkeit und Deutungshoheit eingeräumt wird.

Glorifizierung

Ein Bundesverdienstkreuz für (Dr.?) Drosten. Ein paar Tage Beifall für die Menschen, die in Krankenhäusern ihren Dienst verrichten.

Schwarz-Weiß-Irrtum

Und was sind Sie? Covidiot oder verantwortungsvoller Maßnahmenbefürworter? Haben wir ein Killer-Virus oder ist Corona inexistent? Die Realität hat Zwischentöne, Abstufungen, Wahrscheinlichkeiten. Diese werden wegpolarisiert. Schwarz ist dumm, Weiß ist gut, Grau ist verschwunden.

Veränderung der Akzeptanzgrenze

Sportler unter Ihnen werden das kennen: Im Aufbautraining wechselt man zwischen Anspannung und Entspannung. Dieses Hochschaukeln erleben wir mit dem Wechsel von Verschärfungen und Lockerungen der Corona-Maßnahmen. Akzeptanz und Toleranz steigern sich unmerklich dadurch, ein Gehorsamstraining. Wir ertragen immer mehr, weil wir daran gewöhnt werden.

Kontaktschuld

Ein Maßnahmen-Skeptiker hat mit jemandem von der AfD gesprochen? Auf einer Demonstration waren Reichsbürger? Solche Verknüpfungen werden gezielt eingesetzt, damit negativ besetzte Attribute überspringen.

Der Missbrauch der Statistik

Auch hier nur einige wenige Beispiele: Man verwendet kumulative, also durch stetige Addition im Zeitverlauf immer nur steigende Zahlen (?Infizierte? meist), ohne Genesene abzuziehen. Eine Grafik wirkt daher nach stetiger Verschlimmerung. Man nennt die absolute Zahl der ?Infizierten?, ohne die extrem gestiegene Anzahl der Testungen in Relation zu setzen. Es gab nie ein exponentielles Wachstum! Die relative Zahl bleibt konstant (um 1 Prozent), die wahrheitsgemäße Kurve läuft harmlos und unspektakulär knapp über der Null-Linie. Noch immer wird die Fehlerquote des Tests, dessen Zuverlässigkeit (Reliabilität, Validität, Spezifität, Sensitivität), nicht abgebildet. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Infektionsrate fast genau der Fehlerquote entspricht.

Noch immer findet keine saubere Trennung statt zwischen positiv Getesteten, Infizierten, Erkrankten, mit/an Covid-19 Verstorbenen. Auch eine repräsentative Stichprobe wurde bis heute nicht umgesetzt. Aus zeitlichen Verläufen werden nur Steigerungen präsentiert, Beispiel: jeden Montag eine Explosion der Zahlen, dass hier an einem Tag die Meldungen von mehreren Vortagen (Wochenende) kumulierten, bleibt unerwähnt. Die methodischen Fehler und die irreführende grafische Darstellung bilden eine für Laien kaum zu entlarvende Scheinwahrheit ab.

Es wirkt noch viel mehr auf uns

Diese Liste der Manipulationstechniken ist nur ein kleiner Ausschnitt aus einer Liste von enormer Länge. Sie ist für mich als Psychologin der Sündenfall meiner Zunft, die eigentlich der Heilung und Aufklärung verpflichtet ist. Sie ist wie eine verdeckte Waffe, die nur dadurch, dass man sie aufdeckt, entschärft werden kann. Mit dem Wissen über diese Techniken haben Sie es in der Hand, kritischer, klarer und sachbezogen auf die Inhalte und Zusammenhänge zu schauen.

Aber vor allem ? glauben Sie dem, der die Wahrheit sucht, nicht dem, der sie gefunden hat!


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Artikel erschien zuerst im LAUFPASS ? das Magazin für Nachdenkliche in bewegten Zeiten.

Das Schulbeispiel Lire la suite »

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