Familie

Bildschirmzeit für Eltern

Brauchen auch Eltern feste Bildschirmzeiten?

Netflix schauen während dem Stillen und auf dem Spielplatz kurz auf Insta: Worauf Eltern als Vorbilder achten sollten.

Liebes Mamablog-Team, immer wieder lese ich in letzter Zeit, dass wir als Eltern schon möglichst früh darauf achten sollten, das Handy nicht ständig zu benutzen. Beziehungsweise, dass sich unser Auf-den-Bildschirm-Starren bereits negativ auf Babys und Kleinkinder auswirken kann. Gibt es dafür Belege? Denn ich muss zugeben: Seit meine Tochter vor acht Monaten auf die Welt gekommen ist, ist mein Handykonsum bestimmt nicht weniger geworden. Beispielsweise habe ich auch während dem Stillen die Zeit genutzt, um kurz bei Insta vorbeizuschauen oder auch mal eine Serie auf Netflix zu schauen. War ich ihr damit bereits ein schlechtes Vorbild? Leserfrage von Vanja

Liebe Vanja, danke für Ihre Frage. Es ist tatsächlich so, dass Eltern immer besser und kompetenter darin werden, die Bildschirmzeit der Kinder zu kontrollieren. Viele Apps stehen zur Beschränkung und Überwachung der Bildschirmnutzung zur Verfügung (Screen time heisst die native App von Apple, Digital Wellbeing diejenige von Google). Um Nutzungsverträge zwischen Eltern und Kinder zu erstellen, empfehle ich die Webseite mediennutzungsvertrag.de, mit der Sie im Handumdrehen einen fairen und gegenseitig verbindlichen Vertrag erstellen können.

Es geht um die Qualität von Aufmerksamkeit

Doch wie sieht es eigentlich mit unserer elterlichen Vorbildrolle aus? Im Vergleich zu den immer zahlreicheren technologischen Kontrollmöglichkeiten von Eltern (böse Zungen behaupten, das Geschäftsmodell von Silicon Valley beruhe darauf, selbst geschaffene Probleme zu lösen), gibt es zum Thema elterliche Vorbildfunktion kaum wissenschaftliche Erkenntnisse oder gar Apps.

In der Forschung spricht man häufig von «Technoference» und von «Phubbing». «Technoference» kommt von «Technological Interference» und beschreibt die Unterbrechung eines menschlichen Kontaktes durch die meist impulsive Nutzung von Bildschirmmedien. Auch «Phubbing» ist eine moderne Fusion der englischen Wörter «Phone» und «Snubbing» (brüskieren, verächtlich behandeln, vor den Kopf stossen). Beide Begriffe stehen also für einen zumeist bewussten Vorzug des Handys gegenüber einer aktuellen, persönlichen Interaktion. Wir sprechen hier von den zahllosen «ich chume grad», «wart schnäll», die wir uns als Antwort von beschäftigten «Screenagern» gewohnt sind.

Widerstehen Sie dem Bildschirm und lassen Sie Ihr Kind das Tal der Langeweile alleine durchschreiten.

Inwieweit dieses Verhalten einem von uns Eltern vorgelebten Lebensstil nachahmt, ist die Kernfrage eines noch sehr jungen Forschungszweiges, dem sich auch Eva Unternährer von den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel widmet. Es geht grundsätzlich nicht nur um einen bewussten Gebrauch unserer Aufmerksamkeit, sondern explizit auch um die Qualität der Aufmerksamkeit zwischen Eltern und Kindern.

Ein Kleinkind spürt schon sehr früh, ob ein «Wow, so schön!» der Eltern als Reaktion von infantilem Gekritzel ernst gemeint ist oder nicht. Zunehmende Evidenz von Forschungen bestätigen, dass ein regelmässiges «Phubbing» von Eltern einen negativen Einfluss auf die Eltern-Kind-Beziehung hat. So kann diese Beziehung sowie auch das Selbstwertgefühl von Kindern durch anhaltende «Technoference» geschwächt werden. Dies wiederum kann einen erhöhten Medienkonsum zur Folge haben und somit zu einem intergenerationellen Teufelskreis werden. Die Mechanismen, welche hier eine Rolle spielen, sind jedoch noch weitgehend ungeklärt und werden aktuell von Eva Unternährer und ihrem Team erforscht.

Drei Kategorien von Medienerziehung

Die allermeisten Eltern wollen nur das Beste für die Kinder und wollen sie auch so heil wie möglich durch den Dschungel der digitalen Medien führen. Man unterscheidet hier zwischen drei Kategorien elterlicher Medienerziehung. In der aktiven Mediation wird die kritische Auseinandersetzung von Mediennutzung und Inhalten betrieben. Heisst: Mami und Papi interessieren sich für «soziale» Medien und Games, stellen neutrale Fragen an die Kinder und erzeugen so gegenseitig konstruktive Diskussionen. Die zweite Kategorie ist das Co-Viewing, wo gemeinsame Bildschirmzeit verbracht wird und elterliches Eingreifen nur stattfindet, wenn es Zeit fürs Bett ist oder wenn nicht altersgerechte Inhalte konsumiert werden. Die dritte Kategorie aus der Sicht der Forschung ist die restriktive Mediation, wo der Zugang zu Bildschirmmedien entweder technisch oder mit verbindlichen Richtlinien geregelt ist.

Soviel zur aktuellen Lage der Forschung. Erfahrungsgemäss liegt es an uns Eltern, den für unsere Familie besten Mix der drei Kategorien zu finden. Unterschätzen Sie dabei nie Ihre eigene Medienkompetenz, die vom Bauchgefühl oder vom gesunden Menschenverstand kommt.

Denken Sie auch an die digitale Hygiene

Wir sind als Gesellschaft einer ungeheuerlichen Explosion von Informationen ausgesetzt, vor der wir uns einzig mit einem umsichtigen Umgang mit unserer eigenen Aufmerksamkeit schützen können. Ein Tipp: Führen Sie zum schon bestens eingeübten Händewaschen vor dem Essen auch digitale Hygieneregeln ein. Handys (auch diejenigen von uns Eltern) sollten am besten ausser Reich-, Sicht- und Hörweite sein, wenn wir Zeit mit unseren Liebsten verbringen möchten. Und die digitale Hygiene sollte der Körperhygiene in nichts nachstehen. Dies hilft uns modernen Eltern in unserer Vorbildfunktion als Aufmerksamkeitsmanager.

Gleichzeitig gibt es nichts Verwerfliches, wenn Sie Ihren Hochzeitstag im Lieblingsrestaurants feiern und dabei Ihr Kind bewusst mit Tablet und Kopfhörern «ruhigstellen». Dies sollte jedoch vorgängig erst unter Eltern und dann auch mit dem Kind besprochen und als Ausnahme deklariert werden.

Anders ist es, wenn wir uns selbst beim Aushändigen von Handys und Tablets ertappen, um dem notorischen «aber ich weiss nöd was mache» entgegenzuwirken. Hier will das Kind vielfach nicht nur unsere totale Aufmerksamkeit, sondern auch unsere Rolle als Animatoren. Falls wir weder Zeit noch Lust haben, in eine solche Rollen zu schlüpfen (was ab und zu total okay ist), dann sollten wir im gleichen Zug auch die Akzeptanz der Langeweile mitnehmen. Widerstehen Sie dem Bildschirm und lassen Sie Ihr Kind das Tal der Langeweile alleine durchschreiten ? denn es ist das Vorzimmer der Kreativität. Die inneren Bilder ihres Kindes werden wach und die tollsten Ideen, Spiele und Kreationen entstehen.

Die Kunst und individuelle Herausforderung liegt also darin, die für uns wie auch für unsere Kinder ideale Bildschirmzeit zu finden, die uns weiterbringt und inspiriert, jedoch unsere eigene Imagination nicht unterdrückt. Probieren Sie dies doch einfach auch selbst wieder einmal aus.

Falls Sie interessiert sind, an vorderster Front der Medienerziehungsforschung mitzumachen und Kinder zwischen 2 bis 16 haben, können Sie an dieser Studie der Universität Basel mitmachen.

Dieser Artikel ist erstmals im Tages-Anzeiger erschienen am 09.07.2021, 05:30

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Was Eltern über TikTok wissen sollten

Ich war ja ohnehin schon ziemlich skeptisch gegenüber TikTok eingestellt, da unsere Zwölfjährige meiner Ansicht nach zu viel Zeit mit dieser App verbringt. Der Feed ist ja quasi endlos und inszenieren tun sich vorwiegend Menschen mit einem besonders grossen Geltungsdrang und sehr bescheidenen Talenten, nicht?

Als ich nun noch gelesen habe, dass TikTok beispielsweise schwul-lesbische Inhalte blockiert und kaum etwas für den Jugendschutz tut, nervt mich das Ganze noch mehr. Was muss man als Eltern sonst noch über TikTok wissen? Leserfrage von Denise aus Kloten

Liebe Denise, TikTok ist in der Tat die zurzeit trendigste soziale Plattform für Kinder und Jugendliche in der Schweiz wie auch weltweit. Obwohl die Altersbegrenzung ab 13 Jahren ist, wird die Plattform auch von jüngeren Kindern rege benutzt. Unter den zwölf- bis neunzehnjährigen Schweizer Jugendlichen benutzen über die Hälfte mehrmals wöchentlich TikTok. Nur Instagram, Snapchat und WhatsApp sind noch beliebter. Falls der Trend von TikTok anhält (alles deutet momentan darauf hin), könnte TikTok schon bald zur meistgenutzten App von Schweizer Jugendlichen werden.

Zuerst unter dem Namen Musica.ly gegründet, erlaubte die App das Kreieren von 15-30 Sekunden Lip synch (Lippensynchronisation), Videoszenen mit bekannten Songs. 2018 wurde Musical.ly in die TikTok-App integriert. Diese wird momentan in 150 Ländern von über einer Milliarde Menschen benutzt. Ich möchte in diesem Artikel weniger auf die vielen Features der Plattform eingehen (dazu gibt es viele Youtube Videos), sondern mich auf die Chancen und Risiken in der Medienerziehung konzentrieren.

Kreativität als Chance

TikTok ist gerade für Jugendliche sehr einfach zu benutzen und erlaubt es, innert Kürze coole Videos zu erstellen. Dazu stehen unzählige Effekte und Filter zur Verfügung. Auch Hintergrundfarben und Texte können den Videokreationen nachträglich beigefügt werden. Videos können verlangsamt oder auch im Zeitraffer publiziert werden. Auch Fotogalerien können musikalisch unterstützt zu Videos verarbeitet werden, sodass der Fantasie und Videokunst der Jugendlichen keine Grenzen gesetzt sind.

Jugendliche, die TikTok aktiv und kreativ nutzen, lernen dabei spielerisch, wie man attraktive Videoszenen erstellt. Sie müssen sich die Szenen ausdenken, sich organisieren, einüben und dann filmen. Zum organisatorischen Teil gehören auch die Requisiten, die für die ausgedachte Szene gesucht und ausgewählt werden müssen. Auch strategische Überlegungen hinsichtlich des Zielpublikums sind notwendig. Ist die Szene einmal gefilmt, vielfach erst nach Dutzenden von Drehversuchen, ist es wiederum den kleinen Realisatoren überlassen, mit welchen Post-Production-Sounds, Effekten und Texten die Szene ausgestattet wird, um die erhoffte Wirkung zu erzielen.

Kurz gesagt, TikTok ist eine unwahrscheinlich attraktive Plattform, die es Kindern und Jugendlichen erlaubt, ihre Kreativität voll auszuleben, dabei ihre Videoproduktionstalente selbst zu entdecken und ständig weiterzuentwickeln. Da sich diese äusserst leistungsfähige Videoproduktionsmaschine gratis direkt in 99 Prozent der Hosentaschen unserer Jugendlichen installieren lässt, sollte es uns auch nicht überraschen, dass dessen Nutzungsdauer und Frequenz gerade in Lockdown-Zeiten rasant in die Höhe geschnellt ist. Als Eltern sollten wir an dieser Stelle die technologisch hoch komplexe Plattform entsprechend würdigen und TikTok als kreativitätsfördernde und multimediale Lernstätte loben.

Vermeiden Sie, die Plattform pauschal zu verdammen oder zu ächten, nur weil es leider auch möglich ist, neonazistische Inhalte, Suizid-Aufforderungen oder Folterszenen hochzuladen. Mit der gleichen Argumentation müssten wir sofort sämtliche Sandkästen auf öffentlichen Spielplätzen schliessen, da man in solchen Einrichtungen ja auch Tretminen und vergiftete «Schleckstengel» verstecken könnte.

Die Pille gegen Langeweile

Die Millionen von nutzergenerierten Videoclips sind verständlicherweise ein unersättliches Reservoir an Unterhaltung, um möglichst jeden vermeintlich toten Moment zu vermeiden. Stellen wir uns eine immer volle Packung an Gummibärchen vor, bei der wiederum jedes Gummibärchen ein 15-sekundenlanges TikTok-Video repräsentiert. Ja, auch die Nährwerte sind vergleichbar.

Die TikTok-Algorithmen finden innert weniger Minuten heraus, welche Gummibärchen ihrem Kind am besten schmecken und füttern es dann Tag und Nacht. Einen «jetzt isch gnueg!»-Reflex bei den Gummibärchen empfinden wir als natürlich. Bei TikTok sollte sich dieser genauso selbstverständlich einstellen, was er aber häufig nicht tut. Nutzen Sie daher unbedingt das Bildschirmzeit-Management und die Inhaltsfilterfunktionen der App (Sektion Digital Wellbeing).

Viele Jugendliche bestätigen mir zudem, dass sie TikTok als puren Zeitvertreib und als Prävention gegen Langeweile nutzen. Während den Gesprächen mit Jugendlichen realisieren sie oft, dass ebendiese Langeweile eine Grundbedingung für ihre eigene Kreativität ist.

Zehn Mal mehr Konsumenten als Produzenten

Das Verhältnis zwischen kreativen Videoproduzentinnen und passiven Videokonsumenten ist ähnlich gelagert wie bei Youtube oder anderen Plattformen und liegt bei etwa 10:1. Das heisst, auf zehn passive Videoguckerinnen kommt ein Videoproduzent, Tendenz abnehmend. Mit anderen Worten ist es zehn Mal wahrscheinlicher, dass die im ersten Paragrafen hochgelobte Brutstätte der Kreativität in Realität eine endlose Schleuder von raffiniert ausgewählten Inhalten ist, um ihr Kind so lange wie möglich vor dem Bildschirm zu halten.

Ohne elterliche Unterstützung sind Kinder also dem Sog der perfekt abgestimmten Videolawine hilflos ausgesetzt. Wer in den Nutzungsbedingungen von TikTok Hilfe sucht, wird unter anderem mit diesen ernüchternden Worten empfangen:

Sie betrachten die Inhalte auf eigene Gefahr. Die Inhalte unserer Dienste werden ausschliesslich zur allgemeinen Information bereitgestellt. Sie sind nicht als Beratung gedacht, auf die Sie sich verlassen dürfen. Bevor Sie auf der Grundlage der Inhalte der Dienste Massnahmen ergreifen oder unterlassen, müssen Sie eine professionelle oder fachkundige Beratung in Anspruch nehmen.

Nutzung auf eigene Gefahr

Es ist sicher von Bedeutung, dass TikTok als einzige der global grössten «sozialen» Plattformen einer chinesischen Firma gehört. Mit einer ernüchternden Selbstverständlichkeit haben wir uns längst damit abgefunden, unsere Daten mit US-amerikanischen Unternehmen zu teilen. Dies, obwohl wir grösstenteils weder über die technischen Kompetenzen noch über das Vorstellungsvermögen verfügen, wer was wann und wo mit diesen Daten anstellt.

TikTok gehört der Firma Bytedance mit Sitz in Peking. Die Firma hat rund 60’000 Mitarbeitende und erzielt über zwanzig Milliarden Dollar Jahresumsatz. Da jede chinesische Firma dieser Grösse der kommunistischen Partei einen internen Sitz zur Verfügung stellen muss, muss davon ausgegangen werden, dass die Daten systematisch zu politischen Zwecken genutzt werden. So finden wir auch folgenden Satz in den Nutzungsbestimmungen von TikTok: Sie verzichten weiter (soweit gesetzlich zulässig) im Zusammenhang mit Ihren Nutzerinhalten oder Teilen davon auf alle Rechte auf Privatsphäre, Persönlichkeitsrechte oder andere Rechte ähnlicher Art.

In diesem Sommer wurden die Nutzungsbestimmungen in den USA übrigens so angepasst, dass TikTok auch biometrische Daten wie Gesichtserkennung und Stimmerkennung auswerten kann. Angesichts des Sozialkreditsystems, mit dem die chinesische Regierung ihre Bevölkerung durch totale Überwachung in ein Punktesystem einbindet, müssen wir unbedingt hellhörig werden. Ein komplettes Löschen der App ist leider das einzige Mittel zur Abwehr.

Dieser Artikel wurde erstmals im Tages-Anzeiger vom 29. Oktober publiziert.

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«Isch er nöd en Schnügel?»

Einige Eltern kennen beim «Sharenting» kaum Grenzen. Hier sind Gründe, warum sie das Posten von Kinderbildern besser lassen sollten.

Liebes Mamablog-Team, seit meine Schwester vor drei Jahren Mutter geworden ist, postet sie beinahe täglich Bilder ihrer Tochter auf Social Media: Ihre Tochter beim Mittagsschlaf, beim Essen, auf dem Laufrad, im Schnee ? selbst beim Zähneputzen wird sie gezeigt. Ich finde, sie geht damit einen Schritt zu weit (was ich ihr auch sage). Ihre Kleine hat ja überhaupt keine Chance, «Nein» zu sagen. Was, wenn ihr die Bilder später peinlich sind? Gibt es denn überhaupt keine gesetzliche Handhabung, die Kinder davor schützen, sie auf Social Media zu «inszenieren»?
Leserfrage von Laura, 37 aus Zürich.

Liebe Lara, besten Dank für Ihre gute Frage. Um die kurze Antwort gleich vorweg zu nehmen: Ja, es gibt ein Gesetz zum Schutz der Privatsphäre von Kindern. Die UN-Kinderrechtskonvention feierte soeben ihr dreissigjähriges Bestehen und gilt auch für die Schweiz. Darin ist in Artikel 16 festgelegt, dass kein Kind «willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung oder seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden darf». Kinder sind übrigens Menschen von null bis 18 Jahren. Soweit mal zum rein Juristischen.

Natürlich ist die Lage um einiges komplexer.

Es gehört nun mal zum Elternsein, dass wir auf unsere Sprösslinge stolz sind. Und dies gilt noch viel mehr für First-Time-Parents. Ich war felsenfest überzeugt, dass unser Erstgeborener mit grösster Wahrscheinlichkeit das schönste Kind ist, zumindest westlich vom Kaukasus, das je geboren wurde. Ich führte sogar eine Excel-Tabelle mit den Messdaten des Kopfumfangs und der Grösse unseres Sprösslings, um mich zu vergewissern, dass das Wachstum unseres kleinen Wunders perfekt proportional verläuft. Zwei Jahre später, nach der Geburt unserer Tochter, haben wir sie beiläufig und anstandshalber zweimal auf der Gemüsewaage bei der Italienerin im Quartier gewogen. Soweit zu unserer unausweichlichen und wahrscheinlich angeborenen Blindheit für jegliche Objektivität, solange wir im Banne unseres Nachwuchses stehen.

Elternstolz will geliked sein

Demgegenüber steht die soziale Norm, die es einem schlichtweg verbietet, ganz ehrliche Antworten auf Babyfotos zu geben. Wer hat schon jemals ein «Nein, wirklich nicht!» als Antwort gegeben, als ihr ein Smartphone mit Babyfotos und der obligatorischen «Isch er nöd en Schnüggel»-Tonspur unter die Nase gehalten wurde? Elternstolz ist also so natürlich wie die gesuchte Anerkennung im Freundeskreis über unsere freudigen Sprösslinge.

Die Kombination von hochauflösenden Smartphonekameras, 24/7-Internetzugriff und «sozialen Plattformen» ist hier quasi die ultimative Waffe, die uns Eltern eine Hebelwirkung bietet in unserem vorprogrammierten Sammeleifer von «jöö-so-herzig»-Bestätigungen. Wir wollen alle geliked werden und Babyfotos gehören nun mal zu den effizientesten Strategien, um Aufmerksamkeit und Sympathien zu generieren. Da das ganze Business-Modell der «sozialen» Medien darauf beruht, unser menschliches Grundbedürfnis der sozialen Anerkennung auszunutzen und zu monetisieren, ist es für uns fast unmöglich, der Versuchung zu widerstehen.

Gefährlicher digitaler Footprint

Das neue Phänomen von teilfreudigen Eltern nennt sich «Sharenting». Die Problematik liegt darin, dass wir Eltern die Lebensnarration unserer Sprösslinge wortwörtlich aufgleisen und online zementieren, lange bevor sie sich ihre eigene Identität bilden. Getrieben von unserem eigenen Bedürfnis, geliked zu werden, erfinden, erzählen und verkaufen wir die Geschichte unserer Kinder, ohne sie zu fragen. Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass unser Sorgerecht uns die Freiheit gibt, die Privatsphäre des Kindes frei zu gestalten, zumal es noch zu jung ist, sich zu wehren ? geschweige denn, die längerfristigen Konsequenzen zu verstehen.

So kann aus der herzig verzerrten Grimasse eines Kleinkindes plötzlich eine Mobbing-Vorlage in der Sekundarstufe werden.

Es kommt immer öfters vor, dass Teenager dem von uns Eltern vorgegebenen digitalen Fussabdruck nicht folgen wollen, können oder mögen. Dies führt unweigerlich zu schwierigen Fragen, gefolgt von peinlichen Erklärungsversuchen und Unstimmigkeiten. Jugendliche, die ihre eigenen Eltern wegen Missachtung ihrer Privatsphäre eingeklagt haben, gab es bisher nur aus mangelnder gesetzlicher Grundlage nicht. Es ist jedoch ein ungeschriebenes Gesetz, dass jeder digitale Inhalt irgendwann, irgendwo von irgendwem aus dem Kontext gezogen wird und anders interpretiert werden kann. So kann aus der herzig verzerrten Grimasse eines Kleinkindes (geschweige denn Fötelis mit Windeln in verschiedenen Abnutzungsstufen) plötzlich eine Mobbing-Vorlage in der Sekundarstufe werden. Einmal im Netz, immer im Netz.

Passwort geschützte Familienalben als Alternative

Eine generelle Datensparsamkeit ist sicher vorteilhaft ? sowohl für uns Eltern, als auch für unsere Kinder. Gemäss einer englischen Studie werden im Durchschnitt 1500 Fötelis von den eigenen Kids gepostet, bevor diese fünf Jahre alt sind.

Es ist empfehlenswert, dass wir unsere Kinder so früh wie möglich um ihre Einwilligung fragen, bevor wir drauflosposten. Und wie wäre es, wenn wir gänzlich aufs öffentliche Posten verzichteten, solange wir den Kindern die Konsequenzen nicht erklären können bzw. letztere sie noch nicht verstehen können? Online Familienalben sind genial, gehören aber generell Passwort geschützt. Unsere Zoom-Familien-Weihnachten zwischen Chile, Kanada und der Schweiz war übrigens ein Riesenerfolg. Drei Generationen scrollten zusammen durch das digitale Familienfotoarchiv, was uns die trübe
COVID-Abstandsrealität für einen Moment gänzlich vergessen liess.

Dieser Artikel wurde erstmals im Tages-Anzeiger vom 15. Januar 2021 publiziert.

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Wie kriege ich meinen Sohn vom Bildschirm weg?

Handyentzug, Internetzugang abschalten: Wie sollen Eltern damit umgehen, wenn das Kind gamesüchtig ist?

Liebes Mamablog-Team, heute morgen bin ich schon wieder mit der Gamekonsole meines Zwölfjährigen in der Tasche ins Büro gegangen. Das kommt in letzter Zeit öfter vor. Ich bin alleinerziehend, und mein Sohn ist jeweils an zwei Tagen die Woche während drei Stunden alleine zu Hause. In dieser Zeit hat er letztlich nur eines im Sinn: Gamen. Allem voran das Ballergame«Fortnite». Wenn ich mit anderen Müttern darüberreden, zucken die meisten nur die Achseln mit Bemerkungen wie «Jungs sind eben so, dass wird sich schon wieder legen». Ich will mich aber weder damit anfreunden, dass mein Sohn so viel Zeit mit Gamen verbringt, noch mit den Inhalten dieser Spiele. Wie kann ich ihm verständlich machen, dass das auch nur zu seinem Guten ist? Pia aus Zürich

Liebe Pia, danke für Ihre Frage. Hier einige Gedanken und Erfahrungen rund ums Gamen, insbesondere auch zum nach wie vor sehr populären «Fortnite»-Spiel. Es sind schon sehr bizarre Zeiten, die wir gerade durchleben. Maskiert und mundtot hocken wir im Morgentram, die Ohren mit zigarettenstummel-ähnlichen Plastikteilen verstopft, regungslos auf ein leuchtendes, elektronisches Rechteck starrend. Draussen fährt das Leben an uns vorbei, wir horchen dem Youtube-Autoplay-Modus und schauen das nächste Video.

Raus aus der trüben Realität

In solchen Zeiten bieten sich Videogames als Alternative an. Nix wie weg von diesem komischen Corona-Leben, rein in die bunte, spannende und immer belohnende Welt der Games. Zu erwarten, dass unsere Kinder dieser jederzeit und überall bereitstehenden Einladung widerstehen und freiwillig in unsere trübe Realität zurückkommen, ist doch schon sehr viel verlangt. Liegt es nicht vielleicht an uns, zusammen mit unseren Kindern in deren Welt zu gehen? Sollten wir nicht zumindest versuchen zu verstehen, wie die Welt unserer Kinder aussieht (mehr dazu hier)?

Nein, ich war nie ein richtiger Gamer und hatte immer eine gesunde Abscheu vor «Ballergames». Bis heute habe ich es nie geschafft, stundenlang in die Computerspielewelt abzutauchen. Ich bin vielmehr fasziniert von der Faszination meiner Kinder und deshalb motiviert, diese Faszination besser zu verstehen. Games sind Orte, soziale Erlebnisse, fantastische Erlebniswelten und perfekt inszenierte Plattformen, die praktisch sämtliche menschlichen Bedürfnisse im Sekundentakt befriedigen.

Verhaltensforscher, Psychologinnen, Persuasive-Design-Entwickler und Marketingprofis sorgen dafür, dass Games wie auch «soziale Plattformen» so schnell wie möglich so süchtig wie möglich machen. Und wir Eltern sind dazu verdammt, einerseits die Kinder spielen zu lassen, andererseits sie vor den clever designten Suchtfallen zu schützen (mehr dazu hier).

Ich schlage vor, diese zugegebenermassen schwierige Herausforderung zweizuteilen und als gegenseitig bereichernder Dialog zu gestalten.

Was machst du da genau?

Von vielen Games habe ich keine Ahnung. Und das ist gut so. Denn es motiviert mich, Kindern und Jugendlichen viele Fragen zu stellen. Was ist deine Mission im Spiel? Wie lange dauert ein Spiel? Wie gewinnst du Punkte? Was gibt es für Belohnungen, und was musst du dafür machen? Wirst du auch bestraft für gewisse Taten? Spielst du alleine oder in einem Team? Was für Waffen brauchst du und warum? Musst du für diese etwas bezahlen? Was fasziniert dich am meisten beim Spiel? Wie fühlst du dich vor/während/nach dem Spiel?

Bei all diesen Fragen geschieht etwas Magisches. Das Kind fühlt sich ernst genommen und freut sich über die ungeteilte Aufmerksamkeit, die es erhält. Quasi als Dank unseres Interesses erklären und erzählen junge Gamer ihr Leben und Leiden in ihrer digitalen Parallelwelt. Und genau da wird es dann wirklich spannend.

Wo braucht es mich?

Jetzt sind wir dran, denn die letzten paar Fragen sind ja nicht mehr sogenannte «Anwenderkompetenzen», sondern es geht vielmehr darum, was das Spiel mit dem Kind macht. Jetzt hat das Kind seine Igelposition verlassen und ist bereit für eine Diskussion über die zerbrochenen Bleistifte und Lineale, die als Game-Agressionsabbau hinhalten mussten. Sobald wir Kinder und Jugendliche in ihrer Gamewelt ernst nehmen, anstatt sie mit unseren Vorurteilen zu bombardieren, entstehen wunderbar bereichernde Gespräche über Werte, Moral, Ethik bis hin zu Philosophie. Warum hast du Mühe, aufzuhören? Wieso willst du dir diese zehnfränkige «Skin» kaufen? Wie viel glaubst du, ist diese wirklich wert? Was ist das Coole am Game? Solche offene Fragen erlauben uns, den Anschluss zu finden und Einfluss zu nehmen.

Ja, tönt alles so gut wie theoretisch, hör ich Sie sagen. Selbstverständlich liegt die Erziehungsautorität nach wie vor bei uns. Handyentzug, Internetzugang abschalten, Ladekabel verstecken usw. geht für mich voll in Ordnung, um übermässigem Gamen oder Chatten ein Ende zu setzen ? solange zumindest ein konstruktiver und ehrlicher Dialog stattgefunden hat.

Dieser Artikel ist erstmals am 9. Oktober 2020 im Tages-Anzeiger erschienen

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Digital Detox Woche für Jugendliche

Handy ausschalten.

Kopf lüften. Zusammen kochen. Hexenturm besichtigen. Morgen-Yoga. Musik komponieren. Lachen. Lagerfeuer. Sternenhimmel. Wandern. Lesen. Geschichten erzählen. Hängen. Denken. Träumen. Im Heu übernachten. Entdecken. Zuhören. Atmen. Ziegen melken. Nichts machen. Zeichnen. Geniessen. Diskutieren. Zusammen lernen. Degustieren. Hinterfragen. Tanzen. Leben. Baden. Bewusst. Sein. 

WER? : Für junge Menschen zwischen 16 und 22 Jahre, die Lust haben, eine Woche in einer traumhaften Umgebung und ganz ohne Handy zu geniessen.

WIE? : Individuelle An- und Abreise, idealerweise per öV bis nach Soglio, Villagio (evenutelle Mitfahrgelegenheiten können wir untereinander organisieren)

WANN? : Samstag 4. Juli bis Samstag 11 Juli 2020 (6 Übernachtungen).

WIEVIEL? : Fr. 660.? alles inklusive (Übernachtung in Wohnung, Verpflegung, Museum, Führungen, Coaching).

UND JETZT? : Sofort reservieren, falls Du Lust hast. Bitte fülle das untenstehende Formular aus, ruf mich an (079 880 89 28) oder schick mir eine E-Mail.

Minimum 5, maximum 6 Personen. Ganzer Betrag muss vor Abreise bezahlt sein. Versicherung ist Verantwortung der TeilnehmerInnen. Mehr Details per Telefon. Durchführung bei jeder Witterung. Keine Rückerstattung.

[contact-form-7 id=“71″ title=“Kontakt“]

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Nach der Coronakrise die Bildschirmkrise?

Die Suchtforschung hat sich lange ausschliesslich den Konsumdrogen wie Tabak und Alkohol gewidmet. Erst seit einigen Jahren werden auch Verhaltenssüchte wie Essen, Sexualität oder Spielsucht als solche definiert und erforscht. Und seit 2013 wird die Internet Gaming Disorder auch von der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) gelistet.

Eine frisch publizierte Studie vom Institut für Delinquenz und Kriminalprävention der Zürcher  Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat mittels einer Online Befragung von zwölf- bis 20 jährigen Jugendlichen der Region Zürich erforscht, wie sich der Konsum von Drogen und Bildschirmen durch den Lockdown verändert hat.

Erfreulicherweise hatte der Lockdown eine durchwegs positive, d.h. rückgängige Wirkung auf den Konsum von Alkohol, Tabak und anderen Konsumdrogen (siehe Grafik). Gemäss der Studie wurde ein 14%iger Rückgang von Alkoholkonsum verzeichnet, ein 19%iger Rückgang vom Rauchen und sogar ein über 30%iger Konsumreduktion von anderen Drogen. Die Vermutung liegt nahe, dass die durch den Lockdown drastisch reduzierten Konsumgelegenheiten für diese Veränderungen verantwortlich sind. Die nahe Zukunft wird zeigen, ob von einer nachhaltigen Veränderung ausgegangen werden kann.  

Wenig überraschend hatte die häusliche Isolation einen erheblichen Einfluss auf die Bildschirmzeit, da die Bildschirme buchstäblich zum Fenster der Welt wurden. So verzeichneten alle von der Studie erfassten Bildschirm-Nutzungen teils signifikante Zunahmen (siehe Grafik). Die tägliche Fernsehzeit stieg bei den befragten Jugendlichen um 67% von täglich 42 Minuten auf 70 Minuten. Auch beim Gamen, Chatten und Surfen wurden 40-58%ige Zunahmen registriert.

Da online Games wie auch «soziale» Plattformen von Grund auf so konzipiert sind, um uns abhängig und süchtig zu machen, ist leider zu befürchten, dass es um ein Vielfaches schwerer fallen wird, dieser Ansprung von Bildschirmzeit rückgängig zu machen.

Ein grundlegendes Verständnis über «soziale» Plattformen und Games wird für Eltern wie auch Lehrpersonen deshalb immer wichtiger. Dabei geht es weniger darum, die Spiele spielen oder die Plattformen flink benutzen zu können, sondern viel mehr um das Verständnis, was unter der Benutzeroberfläche abläuft. Belohnungssysteme, visuelle, auditive und psychologische Tricks dieser digitalen Medien erkennen zu können wird deshalb immer wichtiger und eigentlicher Kern einer effektiven und nachhaltigen Mediensuchtprävention.

Die komplette Studie "Wie erlebten Jugendliche den Corona-Lockdown? Ergebnisse einer Befragung im Kanton Zürich" vom Institut für Delinquenz und Kriminalprävention der ZHAW kann hier runtergeladen werden.

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Gamer Lexikon

Gamer-Lexikon für Lehrpersonen

Mit der ständig steigenden Zeit, die Schülerinnen und Schüler mit Gamen verbringen, steigt auch die sprachliche Kluft zwischen Lehrpersonen und Jugendlichen.

Was meinen die Jugendlichen, wenn sie von jailbreaken reden, wenn sie grinden wollen oder sich als Noobs bezeichnen?

Mit diesem kleinen Gamer-Lexikon finden Sie als Lehrperson oder Eltern wieder Anschluss und können nicht nur mitreden, sondern kreative und konstruktive Fragen über die Games stellen. Viel Spass!

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Digitale Kommunikations-Beratung

Die radikale Umstellung auf Schulunterricht via digitale Plattformen ist eine enorme Herausforderung für alle Beteiligten.

Damit Bildschirme nicht zu Trennscheiben werden, biete ich ab sofort digitale Kommunikations-Beratung für Schüler/Innen, Lehrpersonen wie auch Eltern an:

Schüler/Innen:

  • Unterstützung bei der Arbeitsplanung und Zeiteinteilung (Hausaufgaben, Spass, Spiel, Recherchen, Bildschirmzeit, Familie etc.)
  • Unterstützung beim Medienkonsum und der Meinungsbildung rund um die COVID-19 Krise

Lehrpersonen:

  • Kommunikations-Coaching für den digitalen Unterricht (was ist jetzt anders und wie kann ich davon profitieren?)
  • Anwendungs-Kompetenz Coaching für Video-Konferenzen, kollaborative Arbeiten via digitale Plattformen, Erstellen von Video-clips usw.

Parents:

  • Unterstützung bei der Medienerziehung (Bildschirm Regeln aushandeln, erstellen, einhalten usw.)
  • Unterstützung zur Schlichtung von Konfliktsituationen im Zusammenhang mit Medienkonsum
  • Wieviel (gamen, Social Media) ist zuviel? Um was geht es in diesem Game und was sind die Suchtgefahren? Diskussion mit oder ohne Kind

Und so geht?s:

  • Beratungen zwischen 7h und 19h per Telefon oder Zoom Videokonferenz
  • Beratungen an Wochenenden oder ausserhalb der angegebenen Zeiten auf Anfrage
  • Kosten : Fr. 40.?pro 20 Minuten, zahlbar via Twint oder Rechnung.

Die digitale Kommunikations-Beratung ist eine konkrete Hilfestellung für die Herausforderungen von Home-office und Home-schooling. Die Beratung ist weder eine Krisenintervention noch eine Therapie, sondern eine praxisbezogene und pragmatische Hilfestellung, sowohl für Anwendungskompetenzen als auch zwischenmenschliche Kommunikation.

Ich freue mich über Ihre Kontaktaufnahme.

Beat Richert, Medienkompetenz und Datenernährungs-Berater

beat (at) richert (dot) com / 079 880 89 28

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bleiben Sie resilient

Bleiben Sie resilient

Vor etwa zehntausend Jahren haben unsere Vorfahren einen tiefgreifenden Entscheid getroffen. Anstatt sich als Nomaden der Natur anzupassen, hatten sie entschieden, die Natur unseren Bedürfnissen anzupassen. Anstatt jagend und sammelnd durch Wälder und Wiesen zu ziehen, erfanden wir den Ackerbau und die Viehhaltung. Wilde Tiere wurden gezähmt, wobei die zahmsten belohnt wurden und die wilden meist sofort geschlachtet und verzehrt wurden. Dämme wurden gebaut und Sümpfe getrocknet, Siedlungen wuchsen zu Dörfern und Dörfer wurden zu Städten.

Suche nach dem Sinn

Dieser neolithischen Revolution folgte Jahrtausende später ab Mitte des 18. Jahrhunderts die industrielle Revolution, wo wir unsere eigene Körperkraft durch Maschinen zu ersetzen begannen. Diese ermöglichte eine einzigartige Explosion von Waren- und Nahrungsmittelproduktion, die wiederum eine Bevölkerungsexplosion (siehe untenstehende Grafik) nach sich zog. Und heute stehen wir am Anfang der kognitiven Revolution. Nachdem wir den Maschinen körperlich schon längst unterlegen sind, sind wir drauf und dran, unsere kognitiven Vorteile gegen künstliche Intelligenz (KI) zu verlieren. Was in dieser neuen Welt genau unsere Aufgabe und der neue Sinn des Lebens sein wird, weiss niemand so recht. Weder die schlausten KI-Spezialisten noch die heranwachsende Generation von orientierungslosen Menschen hat dazu schlüssige Antworten.

Naturentfremdung schwächt Resilienz

Sucht man nach einem roten Faden durch die letzten zehntausend Jahre ist es zweifellos die Entfremdung zwischen Natur und Mensch. Mit jedem «Fortschritt» sind wir von der Natur fortgeschritten und haben uns dadurch gleichzeitig fragiler gemacht. Jede technologische Errungenschaft ist ein Hammerschlag auf den Keil, den wir zwischen uns und der Natur einschlagen. Ja, natürlich sitze auch ich vor einem Grossbildschirm an meinem Laptop, der auf einem Chromstahl-Glastisch in einer angenehm temperierten Zürcher Wohnung mit Glasfaser-, Erdgas-, Wasser-, Elektrizitäts- und ÖV-Anschluss steht.

Die Lüge der Nachhaltigkeit

Uns in diesem naturfremden Komfort jedoch resilient zu glauben grenzt entweder an unerhörte Überheblichkeit oder an unsere naturgegebene Torheit. Seit Jahrhunderten durchlöchern wir die Erde und entziehen ihr alles, was brenn- und verwertbar ist. Die teils gigantischen Löcher von ausgeschöpften Minen nutzen wir dann als sogenannte «Landfills». Wir danken Mutter Natur für ihre Schätze, in dem wir ihre von unserer Gier verursachten Wunden mit Schrott und Abfall vollstopfen. Wir schämen uns dabei nicht, ständig von Nachhaltigkeit zu sprechen und überlassen es den fröhlichen Wissenschaftlern, unser schlechtes Gewissen mit Nachhaltigkeitsstudien zu übertönen.

COVID-19, ein Prank der Natur?

Jetzt spielt uns die Natur einen Prank, schickt uns ein hartnäckiges, leicht abgeändertes Virus als schädlicher Trittbrettfahrer unserer Körperzellen. Und effektiv, für tausende von fragilen Menschen mit langjähriger Krankheitsgeschichte ist der Virus tödlich, genauso wie jeder der vorgängigen Grippeviren. Diese unvorstellbar kleinen Wesen schaffen es auch, eine weltweite Hysterie und eine noch nie dagewesene Angstwelle zu erzeugen. Demut, Einsicht und Respekt sind angesagt, und zwar vermehrt gegenüber Mutter Natur und weniger gegenüber einem Guru, Gott oder Götzen.

Bleiben Sie resilient, sagt die Mülltonne

Nutzen wir die Entschleunigung genau dazu. Wie mein guter Freund vor ein paar Tagen zu mir gesagt hat: «It?s time to go home». Nähern wir uns also wieder der Natur, Schritt für Schritt. Fortschritt sollte ab sofort als ehrliche und tatsächlich nachhaltige Annäherung zur Natur gemessen werden. Dazu braucht es mehr als die beklebte Mülltonne vor meiner Haustüre, die mir empfiehlt, resilient zu bleiben. Auch ich habe noch einen langen Weg vor mir, bin aber überzeugt, dass der Zeitpunkt dafür jetzt ist. In der Zwischenzeit habe ich gelernt, Ziegen zu melken, draussen zu schlafen, wenn immer möglich das Velo zu benutzen und lokale, saisonale Gemüse und Früchte zu essen. Vegetarier bin ich seit Geburt und an einem alpinen Gartenprojekt arbeite ich seit längerem. Falls Du Interesse hast, mitzumachen, melde Dich bitte bei mir.

Bleiben sie zuhause. Bleiben Sie resilient

Bleiben wir gesund und werden wir resilient. Danke fürs Lesen.

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Denkst Du noch oder wirst schon gelenkt?

Seit mehreren Tagen mache ich eine Corona-Diät, d.h. bestmögliches Ignorieren vom Mainstream Medien Hype zum Thema. Da dies als digitaler Stadtbewohner unmöglich ist, bin ich zwangsläufig diesem infernalen Angstlärm aussetzt. Das Hauptargument der Angst war bisher immer der exponentielle Verlauf der COVID-19 Ansteckungen. Tatsache ist, dass wir Menschen jämmerlich Mühe haben, exponentiell zu denken. Ganz einfach deshalb, weil es die letzten dreihunderttausend Jahre viel nützlicher war, linear zu denken. Das Doppelte an Beeren pflücken machte keinen Sinn, weil es doppelt so lange dauerte und es den Kühlschrank eh noch nicht gab. Und so ist unser Gehirn auf lineares Denken vorprogrammiert.

Hier eine kleine Denksportaufgabe zur Prüfung deines exponentiellen Vorstellungsvermögen: Nimm ein A4 Kopierpapierblatt und falte es in der Mitte, danach wieder in der Mitte usw.. Wie dick wird das Papier sein, nachdem es fünfzig Mal gefaltet wurde? 100 Meter? 1 Kilometer dick? Oder sogar fünfzig Kilometer dick? Die richtige Antwort lautet 100 Millionen Kilometer, was ungefähr der Distanz zwischen Erde und Sonne entspricht. Dass wir Wissenslücken automatisch mit Angst füllen wissen wir schon aus unserer eigenen Schul[prüfungs]zeit. Verbinden wir nun unser faktisch nicht vorhandenes Verständnis des exponentiellen Wachstums mit einem noch nie dagewesenen Medienlärm und wochenlangem Hausarrest für alle, dann ergibt sich daraus die perfekte Angstbombe.

Hier eine Grafik des Schweizerischen Bundesamtes für Gesundheit (BAG), die die Grippen-Saisons zwischen 2013 und 2017 visualisieren.

Klar ersichtlich ist das exponentielle Wachstum am Anfang der Grippewelle. Auf dieses Wachstum folgt dann eine genauso exponentielle Abnahme als fast symmetrische Spiegelung. Dies geschieht Jahr für Jahr, ohne Medien-Hype, social distancing, geschweige denn Lockdown unserer Volkswirtschaft.

Die aktuellen Zahlen (Quelle: BAG) der gemeldeten COVID-19 Fälle in der Schweiz sehen so aus (Stand 26. März 2020) und ähneln einer zu erwartenden Kurve.

Ergänzt man die aktuellen Zahlen mit der ursprünglich vorhergesagten, exponentiellen Verbreitung des Virus, verfällt die reelle Entwicklung zu einer flachen Linie:

Die wichtigen und richtigen Fragen, die sich aus dieser Situation ergeben: Warum gehen tausende von hochgeschulten Gesundheitsfachpersonen von einer anhaltenden, exponentiellen Wachstum des COVID-19 Virus aus? Waren sie alle von der kollektiven Angst befallen oder wissen sie etwas, das die Öffentlichkeit noch nicht weiss? Warum leisten wir uns einen landesweiten Lockdown, wenn die allermeisten Opfer des Corona Virus über achtzig Jahre alt sind und praktisch ausnahmslos bereits krank waren? Und die wichtigste Frage überhaupt: wie werden demokratische Grundwerte diese Ausnahmesituation überleben in Zeiten wo ein Land nach den anderen Kriegsrechten reaktiviert. Gegen einen lang bekannten Virus, der sich dazu noch weigert, exponentiell zu wachsen.

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